Klicken Sie auf die Punkte/Nadeln, um sich die jeweiligen Tagebucheinträge anzeigen zu lassen. Eine Nadel mappt den jeweiligen Übernachtungsort. Mouseover auf eine Nadel blendet das Datum ein.
Autor: Friedrich Cammerhoff↬
Titel: Journal and nautical record by Friedrich Cammerhoff from his sea voyage from London,
England, to Pennsylvania, aboard the "Snow John Galley"
Vorlage:
Moravian Archives Bethlehem↬
, TravJournals - 26
Status: Kollation (Zweittranskription) ist erfolgt
Urheber:in Ersttranskription: Martin Prell
Urheber:in Kollation (Zweittranskription): Martin Prell
Heute sahen wir uns genöthiget [von] unserm Schiffgen, auf dem [wir] ohne einen Fuß
an Land zu [se]zen 13 Wochen und 1 Tag gewohnet [hatten] Abschied zu nehmen und [den]
übrigen Rest unsrer Pilgerschafft zu Lande zu prosequiren. Unser Lämmlein hatte uns
nun biß an den Mund der Delaware gebracht, und uns bey Sturm und Wind und allerhand
mißlich scheinenden Umständen 2 Tage lang vor Anker liegen laßen; nun aber war der
River zugefroren die Kälte nahm extraordinair zu, wir hatten beständig Nord Wind,
die Provision im Schiffe ging auch ziemlich zu Ende und der Capitain war besorgt sein
Anker möchte loßreißen und er würde in See getrieben werden und alsdenn nach Carolina
gehen müßen; die übrigen Passagier gingen auch vom Schiffe an Land und also resolvirten
wir uns auch im Nahmen des Lämmleins und mit einem kindlichen Herzen zu ihm es zu
### und die bey jeziger Jahres Zeit und Umständen unmöglich scheinende Reise zu Lande
nach Philadelphia zu thun.
Unserm Capitain that es wehe daß Er uns nicht biß an unsern gehörigen Ort bringen
konnte weil Er uns sehr lieb gewonnen; und a[uch] unsre Schiffs Leute waren recht
betrübt darüber daß wir vom Schiffe gingen und es war als wenn sie halb den Muth verlöhren.
Wir sahens in der That daß alles auf dem Schiffe ein heimlich Gefühl daran gehabt
wer wir gewesen, und wir können auch nicht anders sagen als daß alle unsre Schiffs
Leute sich sehr freundlich dienstwillig und mehr als ordinair artig gegen uns bewiesen
haben, so wie es uns unser allerliebstes Papachen bey unserm Abschied in London voraus
gesagt.
Unsre Loosung zu unserm ersten Eintritt auf dem festen Lande von Pensylvanien hieß:
Ich will Freude geben an diesem Ort, spricht der Herr der Herrschaaren
du Friede Fürst Herr Jesu Christ
wahr Mensch und wahrer Gott.
Und das machte uns Muth bey allem Wiederstande den wir würcklich von dem Fürsten des
Landes, ders uns recht schwer zu machen gesucht, fühlen mußten die See war ziemlich
unruhig und der Wind von Norden her etwas stürmisch daher eilten wir so viel möglich
an Lande zu kommen. Ich ging zu erst mit allen Schwestern an Land, die See tobte sehr
am Ufer; wir kamen aber alle glücklich hinüber und stiegen an einem zieml. wüste aussehenden
Plaz an Land. Wir wollten sogleich nach Lewis Town welches etwa 1 Meile davon war
vorausgehn; allein die Creek die ein paar 100 Schritt breit noch zu passiren war,
war in der letzten Nacht ganz zugefroren, wir gingen also etwa 1/2 Meile weit an den
See hinunter biß gegen Pilot Town und riefen den Leuten zu daß sie uns über die Creek
helfen sollten und etwa vor ihre kleine Canoes einen Weg durch das Eiß herüber hauen.
Es war ihnen aber wegen der excessiven Kälte zu incommode, daher gingen wir unsern
Weg wieder zurück, und unterdeßen war das Boot zum 2ten Mahl on Shore gekommen, und
alle unsre Brüder nebst dem Capitain und übrigen Passagieren waren nun auch glücklich
am Lande, ob sie gleich im Boote von der immer
mehr stürmenden See ziemlich naß worden waren. Unser Capitain war willens biß Lewistwon
mit uns zu gehen, und weil er da bekant, uns desto beßer fort zu helffen. Wir machten
uns also zusammen auf und gingen biß an die Creek um zu versuchen ob wir nicht über
das Eiß gehen könnten. Es war aber nicht mögl. zu wagen und wir mußten uns resolviren
immer an der Creek nacheinander hinauf zu gehen biß wir eine Passage darüber oder
oben herum finden könnten. Das war nun bey dem tiefen Schnee, rauhen Lufft und unwegsamen
Gegend vor unsre Schwestern und vor uns alle die wir das Sizzen auf dem Schiff so
lange gewohnet waren eine ziemliche Pilger Probe. Wir gingen etwa 1 1/3 Meile durch
Schnee und Eiß und Büsche und kamen zu einem armseeligen ganz nach Pensylvanischer
Art eingerichteten Hause, und versuchten uns einen Weg über die Creek zu machen, es
war aber zu gefährlich daher nahmen wir den Mann zum Wegweiser und unser Völkgen ging
zieml. ermüdet fort. Der Schnee war sehr tief und wir hatten einen sehr schlimmen
Morast ein paar Englische Meilen breit zu passiren dergleichen es in Pensylvanien
sehr viele giebt wie unsern Herzeln die da gewesen sehr wohl bekannt seyn wird. Und
an manchen Orten trafen wir auch Brücken nach Pensylvanischer Art an. Wir kamen doch
endlich alle mit müden und nassen Füßen glücklich hinüber, konnten nach einem so langen
Umweg auch die Creek passiren und kamen zu einem Hause wo wir ein wenig aßen und ruheten.
Die Leute nahmen uns sehr freundlich auf und erwiesen uns alle mögliche Liebe; die
meisten von uns aber waren so ermüdet, und dazu so schlecht an Beinen gestiefelt daß
wir es nur pur aufs Lämmlein mußten ankommen laßen ob wir Lewistown erreichen würden.
Wir machten uns aber doch wieder auf den Weg, der Schnee war noch viel tiefer als
Vormittags, wir mußten über 6 biß 7 hohe Fencen mit großer Beschwerlichkeit steigen,
viele Moräste durchwaden, und so kam endlich die Nacht über uns. Wir dachten auf dem
Wege sehr offte an unsre Herzel in
Marienborn und Herrnhaag und hätten ihnen gerne gewünschet unsern heutigen March in
der Nähe zuzusehen. Besonders aber erinnerten wir uns offt unsers allerliebsten Bieneleins
und wie seelig sie ihren heutigen Geburtstag feyren würde, ach wie gerne wäre mancher
von uns auch dabey gewesen! Endlich kamen wir nachdem wir einen Umweg von 16 biß 18
starcken Englischen Meilen gemacht, Abends um 7 Uhr nach Lewis Town, und weil wir
nicht alle in einem Hause Plaz hatten so logirten wir in 2 gegen einander übererstehenden
Häusern, hielten Abends noch ein Liebesmahl zu unsers lieben Bieneleins Geburtstage,
und nach einem sehr vergnügten Singe Stündgen gingen wir sehr ermüdet aber recht vergnügt
und seelig schlafen.
Und so war unser erster Schritt
auf Pensylvaniens Gebiet
von außen wohl so ziemlich schwer
doch ging das Lämmlein vor Uns her.
Wir fühlten unsre Schwächlichkeit
als noch so junge Pilger Leut
manch Herzel konnte kaum mehr fort
doch half das Lamm von Ort zu Ort
So gings auf unsers Lamms Geheiß
durch Fencen, Büsche Schnee und Eiß
und waren doch vergnügt und wohl
in unsers Lammes Seiten Hohl
ach ohne Creuz Lufft Vögelein
läst sichs nicht frölich Pilger seyn
blizt aber nur der Wunden Strahl
ins Herz so geht es überall.
Und so soll Philadelphia
uns auch noch sehn und Gloria
der Seite! bleibt bey aller Müh
doch unser Hymnus dort und hie.
Heute ruheten wir wiederum etwas aus von unsrer gestrigen mühsamen und vor manche
unsrer Herzel ziemlich sauren Pilgerschafft. Wir waren aber alle recht vergnügt und
wohl und nach dem heutigen Lammes Text war unser Lämmlein uns
Alles
und wir seine Staublein, seine Punctlein und Nichts.
Es war so excessiv kalt als es nach aller Menschen Zeugniß im hiesigen Lande seit
dem harten Winter nicht gewesen war, und in der letzten Nacht war es über 1 Englische
Meile weit in die See hineingefroren, dazu auch unser Boot welches am Lande lag eingefroren
so daß wir just zur rechten Stunde vom Schiff ans Land gekommen weil hernach unser
Boot durchs Waßer gehoben und vom Eiß in
Stücken gebrochen worden, so daß weder der Capitain mit seinen Leuten die er am Lande
hatte zurück ins Schiff, noch jemand vom Schiff ans Land kommen können.
Wir waren indeßen darauf bedacht wie wir sobald als möglich von Lewis Town hinweg
nach Philadelphia zu reisen könnten. Es sahe aber Anfangs an allen Orten und Eken
fast unmöglich aus; bey dem tiefen Schnee und Eiß wars vor die Schwestern ganz unmöglich
zu Fuße zu gehn, kein Wagen war im ganzen Town anzutreffen, Niemand wollte uns Pferde
vermiethen, und unser Geld war auch so wenig daß wir bey jeziger Zeit, da alle Sachen
hier im Lande 2, 3 mal so theuer sind als sonsten uns nicht damit auf den Weg machen
konnten. Aber unser liebes Lämmlein das uns durch so manches hindurchgebracht, und
auf deßen Ordre wir doch an Land gegangen waren, schaffte endlich noch heute zu allem
Rath. Wir suchten im ganzen Town herum und fanden endlich einen einigen Schlitten
in dem 5 Personen und zur Noth 6 Plaz hatten; der Mann dem Er gehörte war Anfangs
sehr schwer dazu zu bringen ihn zu verkaufen endlich aber ließ er sich doch bewegen
und überließ ihn an uns, ob wir wohl 2 mal so viel davor zahlen mußten als er werth
war; dazu kaufften wir uns hernach auch ein Pferd, und weil unser Capitain der ohnedem
hier bekant war declarirte was vor gute und liebe Passagier er an Uns gehabt so bekamen
wir auch so viel Geld als wir nur verlangten, von einem Mann der uns sagte daß Er
großen Credit vor die Leute habe die nach Bethlehem und Nazareth gehörten. So machten
wir also alle nur mögliche Anstalt zu unsrer Reise und hielten Abends noch bey unseren
Camin im Wirthshause ein recht seeliges und fröliches Singestündgen. Die Leute waren
alle sehr attent auf uns, und es kamen einige uns zu sehn, und wir glaubten gewiß
unser Lämmlein hat uns nicht ohne Ursach nach Lewistown kommen laßen.
Frühe brachten wir noch vollends alles in Ordnung was zu unserm Fuhrwerk nöthig war.
Es sahe aber alles so armseelig aus daß ich wenn ich recht vernünfftig hätte raisonniren
wollen mich nicht eine deutsche Meile damit zu fahren getrauet hätte. Wir mußtens
aber schon damit wagen weils unmöglich war was beßers zu bekommen. Und da wars
doch gut daß ich einmal in meiner Jugend ein Bauer gewesen und mit Pferden und Wagen
umzugehen gelernt hatte, weil wir sonst keinen Fuhrmann gehabt hätten. Ein paar Stunden
vorher ehe wir abreiseten fings wieder an sehr starck zu schneyen und jederman rieth
und bat uns wir sollten uns nicht auf die Reise machen, weil keine Bahn und die Leute
auch zu commode waren mit Uns zu gehn und uns den Weg zu weisen. Allein unsers Bleibens
war nicht in Lewis Town sondern wir brachen Vormittags um 10 Uhr auf mit der Loosg:
Der Herr wird predigen laßen
in allerley Sprachen
Und wir erwarten noch
des süßen Lammes wegen
denn sein Blick ist Krafft
große Völckerschafft
zu Ihm hingerafft.
Wir krigten zur Noth einen Boten zu Pferde der ein paar Englische Meilen mit uns ritte;
ich und Westman waren nechst unserm Lämmlein, wechselsweise Fuhrleute die neben den
Schlitten her im Schnee wadeten und so passirten wir durch lauter Wald ohne Bahn und
Steg nur daß an etlichen Orten etliche Marquen in die Bäume gehauen waren danach wir
uns richten mußten. Der Weg war sehr schlimm und beschwerlich zu passiren, daher da
wir Mittags zu einem Hause kamen wo wir etwas einkehrten so kaufften wir noch ein
Pferd zu unserm Schlitten und eileten hernach fort so viel wir konnten um zu dem Hause
zu kommen das man uns in Lewis Town zum ersten Nacht Quartier recommendirt hatte und
16 starke Englische Meilen weit vom Town war. Allein die Bahn war ganz verschneyet,
der Schnee lag aller Orten Knie hoch, die Nacht überfiel uns und es schneyete so starck
daß wir nicht eine Hand vor Augen sehen konnten. Wir mußten aber doch bey alledem
fortfahren, kamen an ein Waßer wo wir unsre Schwestern zu Pferde hinüber brachten
und hernach den Schlitten durchführeten und so gings immer im finstern Walde Berg
auf Berg ab über Stock und Stein ohne allen Schaden fort wir fuhren mit größter Gefahr
über einen schmalen Mühlen Damm und Brücke, kamen glückl. hinüber und zu einem Hause
nach 2 Meilen von unserm angewiesenen Quartier, darinen Irishe Leute wohnten. Sie
sahen uns
anfangs vor Franzosen an, baten uns aber gar sehr bey ihnen zu bleiben und die Nacht
zu logiren, und weil es schon ziemlich spät und gar zu schlimmes Wetter war so resolvirten
wir uns auch dazu. Sie erwiesen uns alle mögliche Liebe, sahen uns an und freueten
sich über uns ob sie scho nicht wußten was sie aus uns machen sollten. Wir hielten
eine Englische Singestunde und sie höreten sehr attent zu. Wir waren alle sehr seelig
und gutes Muths und ruheten hernach sehr Pilgermäßig so gut sichs nur wollte thun
laßen, und waren nur frölich darüber daß wir bey allen Schwierigkeiten doch heute
14 Engl. Meilen weit avancirt waren.
Heute hieß unsre Rede des Heilandes
Ich bin bey Euch alle Tage
und die Loosung
Der Herr that täglich hin zu die da seelig wurden zu der Gemeine biß die Summe voll.
Wir vergnügten uns damit und fuhren frühe wiederum mit unserm Schlitten fort und die
Brüder folgten zu Fuße munter und frölich nach. Wir hatten gar keine Bahn und sehr
tiefen Schnee, kamen zu dem Hause wo wir die vorige Nacht hatten logiren sollen und
fanden sehr schlechte Leute vor daher wir dem Lämmlein für unser gehabtes Quartier
dankten. Wir sungen manch Pilger Versel und merkten unsers Lämmleins Nahe Seyn sehr
empfindlich, obswohl von außen ein bißel schwer ging. Wir hatten etliche Waßer zu
passiren darunter sonderlich eines die Tree Runs genannt sehr schlimm und reißend
zu seyn pfleget. Es war aber jezo sehr klein und wir kamen nach vieler Mühe endlich
alle glücklich hinüber und hatten manche Proben im Kleinen von der Aufsicht des Lämmleins
auf Uns die vielleicht nicht so wichtig scheinen möchten wenn wir sie erzehlen wollten
als sie Uns bey den Umständen waren. Nachmittags um 3 Uhr kamen wir zu einem Hause
und weils der letzte Sabbath in diesem Jahr war so resolvirten wir Uns da zu bleiben
und uns wenigstens noch etwas Sabbathisch zu divertiren zu mahlen wir alle von dem
tiefen Schnee ziemlich ermüdet waren. Unsre Herzen waren wohl meistens in Marienborn
und Herrnhaag bey der Neu Jahres Nachtwache und wir gedachten mit einem tiefen Sehnen
dahin, und wären gerne da
gewesen. Wir mußten nun aber schon dismahl das neue Jahr in einer armseeligen Tabern
27 Meilen von Lewis Town und 20 meilen von Dover anfangen. Wir dankten unserm Lämmlein
kindlich für alles was Er in dem Jahre an Uns gethan, gaben uns ihm mit Geist und
Leib und Seele aufs neue hin, und sungen von ganzen Herzen in Harmonie mit unserm
seeligen Pilger Volke und allen Gmeinen in Europa
Tausend Geliebte Ihr
Vater und Mutter und lieber Mann
da habt ihr Euren Plan
soll Uns wohl seyn sprengt Blut
Solln wir was thun so thut
und damit gingen wir über ins Jahr
1747
und freueten uns im Geist der Loosung des ersten Tages
Ich wohne unter meinem Volcke
wer sind sie? Herzelein
in Jesu Blut so rein
schwimmende Würmelein
sind Creuz Lufft Vögelein
kränkelnde Täubelein
nach Jesu Seitenschrein.
Heute machten wir uns sehr frühe auf, es war aber extraordinair kalt und scharfer
Wind. Wir waren sehr seelig und sungen zum neuen Jahre manch Gloria der Seite! Wir
hatten wiederum keinen Wegweiser und verirrten uns vom Wege, wurden es aber lange
nicht gewahr, endlich merckten wir wohl etwas an der Himmels Gegend weil wir nach
Süden zugingen da unsre Direction Nord seyn müßte und da kamen wir zu einem Hause
wo wir im Felde einen Mann antrafen der uns sagte daß wir auf der Straße nach Maryland
und über 5 Meilen aus unserm Wege waren. Er erbot sich uns durch einen nahen obwohl
sehr ungebahnten Weg wieder auf die Straße nach Dover zu bringen und ging auch 3 Meilen
vor uns her und wir folgten ihm mit unserm Schlitten nach auf einem Wege wo wir über
Büsche und Sträuche und Waßer und Anhöhen passiren mußten ohne allen Weg und Steg
daß wie wir durch waren wir alle stehen und erstaunen mußten
wie es nur möglich gewesen war daß der Heiland uns durchbringen können, und doch hatte
Niemand den geringsten Schaden genommen. Wir hatten hernach noch ein sehr schlimmes
Waßer zu passiren kamen aber Mittags zu einem Hause wo die Leute uns recht mit vielen
Freuden aufnahmen und viele Liebe erzeigten. Sie erzehlten uns daß auf der rechten
Passage nach Dover wir wegen des Waßers würden haben schwerlich durchkommen können
daß es also wohl nicht ohne Ursach geschehen daß wir uns verirret. Mittags um 1 Uhr
machten wir uns wieder auf und kamen bald zu einem sonst sehr gefährlichen Waßer es
war aber bey der strengen Kälte ganz zugefroren und wir kamen alle auf dem Eise glücklich
hinüber wir trafen hernach noch etliche Waßer an und darunter eines das außer dem
Frost mehr als Mannes tief ist aber unser Lämmlein half uns zu unsrer Freude und Beschämung
recht wohl und leichte durch und brachte uns Abends um 7 Uhr glücklich nach Dover
einem aus etlichen 20 Häusern bestehenden Town 46 starke Englische Meilen von Lewis
Town gelegen.
Heute machten wir uns sehr frühe wieder auf und eileten von Dover fort mit der seeligen
Loosung:
Der Herr mein Gott wird mit dir seyn und wird die Hand nicht abziehen biß du alle
Werke zum Amt im Hause des Herrn vollendest
quae si tu feceris
so wollen wir gewiß
die mit Thränen loben
Et pedum osculis
für alle Liebes Proben
et cum liberis
thun quaecumque vis.
Wir hatten einen Boten mit uns einen erweckten Mann der aus Liebe zu Uns 8 Meilen
mit uns ging. Er erzehlete uns manches von Whitfield der etwa 6 Wochen zuvor in dieser
Gegend gewesen und die Leute erschrecklich mit der Hölle und Verdammniß und Beten
und andern Sachen geplaget und, es sey nun aus Büßerstand oder in der That sich selbst
vor Christum ausgegeben, und daher die Leute gar sehr wieder sich aufgebracht; zumahl
Ers in allem mit den Presbyterianern hält die ihn in der Noth mit Gelde ausgeholffen.
Es sind in dieser ganzen Gegend überhaupt sehr viele unruhige und gerührte Leute die
nicht recht wißen wohin sie sich wenden sollen und der Mann der mit Uns ging sagte
uns daß es ihnen sehr lieb seyn würde wenn unsre
Geschwister in diese Gegend kommen und sie besuchen wollten. Der vornehmste Justice
in Dover hat uns wollen zu sich invitiren und bey sich behalten wenn wir ihm nicht
zu früh fortgeeilet wären und so glauben und sehn wir gewiß daß unser Lämmlein mit
allem Fleiß es so gemacht daß wir diese Reise von Lewis Town aus nach Philadelphia
haben zu Lande thun müßen um den Leuten in dieser Gegend einmal ein ganzes Häuflein
von unsern Geschwistern zu zeigen und wer weiß was noch aufs künfftige heraus kommen
wird. Wir gingen Vormittags 14 Meilen und kamen Mittags zu einem Plaz Nahmens Duke
Creek wo wir bey recht hübschen Leuten logirten. Sie erzehlten uns daß jederman in
Philadelphia glaube daß unser Schiff entweder genommen oder in der See verlohren gegangen
sey, und man fast alle Hoffnung aufgegeben daß wir noch ankommen würden, daher wir
uns auch leicht vorstellen konnten daß unsre Geschwister manche sorgliche Gedancken
unserthalben würden gehabt haben. Mittags fing es wieder sehr an zu schneyen so daß
in ein paar Stunden die wenige Bahn die wir noch gehabt völlig verschneyet war; wir
machten uns aber doch wieder auf und avancirten ohne Weg und Steg Nachmittags noch
5 Meilen biß zu einem Hause an Black Birds Creek wo wir sehr artige Leute fanden und
weil wir alle sehr ermüdet waren, unser Nacht Quartier nahmen. Wir hielten Abends
eine sehr seelige Singestunde und freueten uns daß unser Lämmlein uns nun den halben
Weg nach Philadelphia glückl. und wohl geleitet hatte.
Hieß unsre Loosung:
Der Ehjeh hat mich zu Euch gesandt
Kirchen und Seelen und Amt sind Sachen
die Er und nicht wir selbst gemacht
und biß daher gebracht.
Diese ganze Nacht hatte es geglatteiset, und der Schnee war zu Frühe allenthalben
mit einer Rinde eines halben Fingers Dicke überzogen und nirgends einige Bahn gebrochen.
Und dis Wetter continuirte auch heute den ganzen Tag wir machten uns aber doch auf
den Weg, obschon das Eiß unsre Schuhe entzwey schnitte und wir Gefahr stunden unsre
Füße zu verwunden. Der Weg war sehr bergicht und beschwerlich unsre Kleider wurden
ganz mit Eiß überzogen und wir sahen halb ge-
harnischt aus, mußten dazu manche Waßer passiren die unsre Pferde ermüdeten daher
wir wegen des gar zu schlimmen Wetters uns resolviren mußten in Cantwells Bridge dahin
wir zu Mittage kamen den ganzen Nachmittag und die Nacht liegen zu bleiben. Wir ruheten
also etwas aus und vergnügten uns mit einander an unserm Lämmlein und seinen Wunden
und an alle dem was Er bißher aus Gnaden an Uns gethan, und obgleich bey dem biß in
die Nacht anhaltenden schlimmen Wetter wenig Hoffnung zu unserm Fortkommen übrig blieb
so wars uns doch so, daß der uns bißhieher gebracht uns auch gewiß weiter helffen
würde.
Diese Nacht hatte es sehr scharf gefroren und das Eiß auf dem Schnee war noch viel dicker und härter worden, so daß Niemand uns fortzuhelffen begehrte aus Furcht daß die Pferde die Füße verliehren möchten. Wir konnten aber nicht länger verziehen sondern wagten es im Nahmen des Heilandes ganz allein und prosequirten unsre Reise durch tiefen Schnee und Eiß und ungebahnte Wege und unser Lämmlein halff uns wieder alles Vermuthen recht wunderbarl. fort. Es gab wohl müde Beine und wir erfuhren ein wenig daß die Wanderschafft in dieser Zeit manche rauhe Wege hat, aber die Creuz Lufft Vögleins Methode bey alledem im Seiten Hölchen ruhig zu liegen brachte uns doch leichter und vergnügter durch als wirs uns vermuthet hätten. Wir kamen Mittags zu einem Plaz S. George genannt wo wir recht freundliche und hübsche Leute fanden, und Gelegenheit krigten etliche unsrer Geschwister mit einem Schlitten 5 Meilen weit biß zum Red Lion voraus zu schicken. Wir andern folgten ihnen etwas langsamer nach, und weil wegen des Waßers und Eises die Fähre bey Newcastle jeziger Zeit nicht zu passiren war so mußten wir uns linker Hand durch einen sehr ungebahnten Weg nach der Christiana Bridge zuwenden, und kamen also endlich Abends nach einem sehr beschwerlichen March von 17 Meilen ins Quartier und so weit daß wir noch etwa 41 Meilen bis Philadelphia hatten. Unser Lämmlein war unter uns und wir sungen unsre Wunden Versel mit einem zätzlichen und seeligen Herzen.
Wir eileten sehr frühe fort, mußten aber an den meisten Orten wo wir passirten wiederum
die Bahn durch Schnee und Eiß brechen. Die Gegend war sehr bergicht, und wir mußten
in den Thälern viele Waßer passiren, und sahen daß unser Lämmlein den starcken Frost
unserthalben mit kommen laßen weil es sonst schlechterdings unmöglich gewesen wäre
fortzukommen. Nach vieler Mühe kamen wir Mittags biß Willingstown. Roseen hatte unterwegs
Gelegenheit manche von seinen Schweden zu sprechen die in hiesiger Gegend wohnen und
weil heute Christmas war zur Kirche gingen. Er ging auch selbst hin und hörte den
Schwedischen Pfarrer Tranberg predigen, der in Willingstown wohnet und seine Kirche
Christina genannt, nahe am Wege hat; er konnte sich aber nicht so lange aufhalten
ihn selber zu sprechen. Wir nahmen in Willingstown etliche Pferde zu Hillfe um desto
geschwinder fortzukommen, passirten die Christina Bridge und Abends die Brandewyn;
der Weg ging aber beständig Berg auf Berg ab und weil man weder Höhe noch Tiefe sehen
konnte wegen des großen Schnees so war unser Schlitten manches mal in großer Gefahr
umgeworfen zu werden; aber die lieben Engelein waren unsre frohe Dienerlein und bewahrten
uns alle daß wir Abends spät nach Chester kamen und heute doch 25 Meilen absolvirt
hatten. Wer den Weg und die Gegend und die Jahres Zeit kennet und unsre ganze Anstalt
zum Fahren gesehn hätte der würde sich doch wohl etwas verwundern daß wir als Fremde
mit ganzen Beinen und Armen davon gekommen. Aber
Er unsers Lebens Licht
ließ doch auf allen Tritten
seiner Wunden Schein
unsre Leuchte seyn.
Heute da unsre Herzel in Europa ihr Heiden Fest wohl recht seelig werden gefeyret
haben eilten wir vollends hin zu unserm Philadelphia. Wir machten uns frühe bey sehr
strenger Kälte recht vergnügt und munter auf, passirten Derby und kamen gegen Mittag
biß an die Schulkill wo wir etliche Stunden warten mußten ehe wir über die Fähre kommen
konnten. Wir kamen aber glücklich hinüber
und wurden Mittags zwischen 1-2 Uhr Philadelphia ansichtig mit der Loosung:
Bitte was ich dir geben soll?
Autorität zu Schluß und Sperr.
nachdem wir von London aus 14 Wochen und 4 Tage unterwegens gewesen waren. Wir waren
die ersten die die Nachricht von der Ankunfft unsers Schiffs in die Stadt brachten
weil noch Niemand von den andern Passagierern denen wir Briefe mitgegeben hatten,
angekommen war. Wir gingen alle zum Bruder Brockdon der sich über unsre unvermuthete Ankunfft verwunderte und freuete. Unsre andre Geschwister
Harrells, Mattheus Reuz, Evans p kamen auch zu Uns und wir freueten uns mit ihnen daß wir da waren. Sie hatten
zum Theil noch immer auf uns gehoffet, zum Theil aber die Hoffnung ziemlich aufgegeben
gehabt. Wir logirten denn Theils im Gemein Hause, theils bey Br. Evans und Brokdon,
ich schrieb einen Brief an Br. Spangenberg und meldete ihm unsre glückliche Ankunfft und Br. Reuz ritte noch heute Nacht fort
hinauf nach Bethlehem um die Nachricht von unsrer Ankunfft zu überbringen und wir
resolvirten uns biß zu seiner Retour hier in Philadelphia zu bleiben und ein klein
wenig von unsrer Pilgerschafft wieder auszuruhen biß wir vollends unser liebes Bethlehem
zu sehen kriegen.
Heute divertirten wir uns mit unsern Philadelphischen Geschwistern die uns und wir
sie besuchten. Unsre Loosung hieß:
Siehe ich habe auch in diesem Stück dich angesehen.
Und bewahrt mir meinen stillen Himmel.
Daß Wetter fing heute an aufzuthauen und wir dankten unserm Läümmlein daß er uns vorher
sicher und wohl biß nach Philaldephia gebracht. Wir höreten auch daß den 26ten huj.
der Synodus in Bethlehem seyn würde und sahen mit Freuden daß wir dazu recht wie gerufen
kamen. Nur hätten wir das einige gewünschet daß unsre Geschwister in Europa auch sogleich
wißen möchten daß wir alle so wohl und vergnügt hier angekommen; es lag auch ein Schiff
fertig nach England abzugehen, weil aber der River zu gefroren so konnte es nicht
fort und das machte uns etwas bekümmert weil wir ihnen die Sorge unserthalben gerne
ersparet hätten die ihnen das lange Außenbleiben unsrer Briefe machen wird.
War unsre Loosung:
Ich will vor dem Herrn spielen der mich erwehlet hat.
Ehre dem Seiten Maal!
Wir waren noch in Philadelphia seelig und ruheten aus von unsrer Reise Es besuchten
uns verschiedene Geschwister und Abends kam Br. Adolph Meyer von Friedrichstown der
aber unsre Ankunfft erst in Philadelphia erfahren und sich mit uns freuete.
Heute Vormittags kam Br. Pyrläus von Bethlehem und brachte uns eine herzliche Invitation von unsern theuren Geschwistern Joseph und Maria vollends zu ihnen hinauf zu eilen. Sie schickten uns auch noch ein paar Brüder mit etlichen Pferden entgegen. Wir machten uns also gegen Abend theils zu Pferde theils zu Fuß auf und kamen biß Germantown wo wir die Nacht blieben und zum Theil bey dem alten Vater Bennezet logirten, und uns über manche Nachricht die wir von Bethlehem und sonst aus America höreten, erfreueten.
Machten wir uns recht frühe wieder auf und hatten eine ziemlich beschwerliche Reise sonderlich je höher wir hinauf kamen weil wir wenig gebahnten Weg fanden. Doch halff uns unser Lämmlein durch alle Schwierigkeiten durch und wir kamen Bethlehem biß auf 18 Meilen nahe. Wir erinnerten uns in der Stille des großen Festes der Drey Einigkeit das unsre Gemeine in Europa heute gefeyret und sehnten uns nun vollends zu unserm Pläzchen zu kommen.
Hieß unsre Loosung:
Jacob zog seinen Weg und es begegneten ihm Engelein
was den Kirchen Sprengel
liebet außerordentlich.
Diese Nacht hatten wir sehr starken Wind und Thau Wetter bekommen und wegen des Waßers
und aufgehenden Schnees einen sehr beschwerlichen Weg. Wir zogen fort so gut wir konnten,
Mittags aber wurde die Esther krank und weil sie nicht im Stande war fortzukommen
so blieb ich und meine Frau bey ihr 10 Meilen von Bethlehem und schikten unsre übrige
Gesellschaft mit Br. Pyrlaeo voraus die auch nachdem sie noch manche schlimme Waßer
passiret gegen Abend alle wohl und glücklich in Bethlehem ankamen, und mit Freuden
empfangen wurden, und sich bey der Neu Jahrs Wache die sie nach altem Styl jezo hielten,
mit divertirten.
Ich und meine übrige Gesellschaft machten uns endlich auch heute auf und zogen nach
Bethlehem zu mit der Loosung:
Zeuch mit mir hinauf in meinem Looß so will ich wieder mit dir ziehen in deinem Looß
So weit die liebe Sonne leucht
und an aller Welt Ende reicht.
Br. Christian Frölich der uns entgegen geschickt war war unser Führer, wir passirten den großen Berg vor
Bethlehem recht gücklich und unsre Herzen fühlten doch was ganz besonders da wir Bethlehem
zu sehn krigten nachdem wir von London aus 15 Wochen 3 Tage unterwegens gewesen. Br.
Joseph, Seidel und viele andre Brüder kamen uns biß an die Lecha entgegen und holten
uns mit Freuden ein, führten uns zu der kranken und schwächlichen Maria die sich in
ihrem Betlchen über unsre Ankunfft freuete, und so waren wir alle seelig und frölich,
daß wir nach so langem Warten endlich einmal unser Ruhe Pläzchen gefunden, und das
Lammes Volck in Bethlehem zu sehn gekrigt.
Nun Lamm wir fallen dir um den Halß
du bist und bleibst uns doch alles
und deiner blutgen Pleura Schein
halff uns nach Bethlehem hinein.
Wir sahen manche Schwierigkeit.
[Ende des überlieferten Reisetagebuchs]