Es begegneten uns heute 2 Schiffe die von St. Christophel kommen, und nach London
giengen. Mit denen schickten wir Briefe nach London, darinnen wir Nachricht gaben
von unsern Umständen. Sie wusten Anfangs nicht was vor Schiff es wären, aber die meisten
unsrer Brr: waren sehr phlegmatisch dabey, ob sie gleich etl: Canonen loßschoßen,
u alle Matrosen dachten es seyen Spanier.
24. April 1742
Nachmittags hatten wir noch eine kleine Conferenz weil sich die englischen Schwestern
nicht befriedigen laßen wolten, wegen ihres am Schiff bleiben, darinnen uns auch der
Heyland Anweisung gab. Wir ließen gleich darauf die englischen Schwestern zusammen
kommen, u redeten mit ihnen von diesem Plane.
8. April 1742
Die Wellen bombardirten unsere Irene mit einer solchen Wucht, daß man dachte sie wolten
sie in den Abgrund versencken. Es war wirkℓ einem nicht anders zu Muthe als hätte
der Fürst der Finsterniß sein gantzes höllisches Heer aufgeboten sich diesem Häuflein
entgegen zu setzen. 2. starke Wellen schlugen an die Cajute an, nicht anders als ob
sie sie in Stücken zerschlagen wolten. Die Eine schlug beym obersten kleinen Cajuten
Fenster herein [...]
29.3.1749
Oklee wurde heute von einem Preß-Gang hinweg genommen. Es machte uns viele Angst;
der Heyland aber half ihm wieder durch. Es war eine Zucht für Oklee
16.3.1742
Ein Schiff war diese Nacht gleich bey unserm auf ein anders gerennt und gesunken.
19.3.1742
Br: Hardten schrieb einen Brief an Br: Piesch worinnen er Friede anbiethet, aber doch
seiner Frauen neue Beschuldigungen aufbürdet.
22.3.1742
Unsre ledge Brr: waren früh um 4 Uhr auf der Decke, die Ostern an zu fangen. Sie waren
sehr vergnügt, u uns allen erwecklich.
25.3.1742
Vormittags hielten wir eine Englische und eine teutsche Stunde. Die Englische hielten
wir auf der Decke, es waren alle die Seeleute dabey.
25.3.1742
Wir sahen auch ein fremdes Schiff, für dem sich die Schiffleute furchten, wir aber
waren getrost.
26.3.1742
Der Wind war sehr vor uns, aber wir waren in der Spanischen See, und das Schiff wankte,
das machte unsre Leute sehr krank.
27.3.1742
Tannebergerin war sehr krank. Sie hatte eine sehr starke hizige Krankheit, u in ihren
Händen hatte sie Convulsiones.
29.3.1742
Früh hatten wir contrairen Wind, u wurde auf einmal ganz stürmisch, daß wir auch genöthigt
waren unsre Seegel zum Theil ein zu nehmen. Ich schlug drauf die Loosung auf den 12
Jul. 1742. Und ehe eine 4telstunde vergieng war der Wind ganz vortrefflich vor uns,
so daß wir sehr geschwind fortgiengen.
30.3.1742
Gegen 8 Uhr hatten wir ein allgemeines Liebesmahl, dazu wir auch den Captain admittirten
der sehr vergnügt war u die Güte des Hln preisete, der ihn ließe so viele von seinen
Kindern über die See fahren. Ferner sagte er wie getrost ihn dieses
mache bey seinen Fatiguen.
2.4.1742
Nachmittags hatten wir noch eine kleine Conferenz weil sich die englischen Schwestern
nicht befriedigen laßen wolten, wegen ihres am Schiff bleiben, darinnen uns auch der
Heyland Anweisung gab. Wir ließen gleich darauf die englischen Schwestern zusammen
kommen, u redeten mit ihnen von diesem Plane.
8.4.1742
On Board hatten unsre Geschwister auch Besuch von einem Man of War. Diese Leute verwunderten
sich sehr über unsre Ordnung im Äußern.
7.4.1742
Viele Portugiesen waren heute auf unserm Schiff, sie führten sich aber sehr unhöflich
auf
8.4.1742
Nachmittags ging Böhler mit dem Capitain ans Land, und es wurde ihnen eine merkwürdige
Beschreibung gegeben von ein paar Pfaffen, welche erst kürzlich von Lissbon hieher
gekommen und sehr scharff predigten, u von hier wollen nach den Westen Islands gehn,
u denn von da nach Ostindien, wo sie zu sterben gedenken.
9.4.1742
Gegen Abend lichteten wir Anker, u da der Anker loß war, so war auch der Wind weg,
u wir waren in Gefahr auf andre Schiffe zu treiben. Der Heyl: aber half gnädiglich
durch.
10.4.1742
Man observiret, daß überhaupt jezo eine geseegnete Zeit ist, nachdem die Seekrankheit
nachgelaßen, so siehet man wieder so viel lichte und heitre Gesichter.
12.4.1742
Heute Nacht hatte unsre Schw. Hussey einen Zufall von einem Schlag an den linken Arm,
als sie gestern Abends auf der Decke lag: Sie ist aber nun wieder vollig restituirt.
18.4.1742
Man spührte auch daß die Gnade auch unter den Matrosen arbeitete.
18.4.1742
Es begegneten uns heute 2 Schiffe die von St. Christophel kommen, und nach London
giengen. Mit denen schickten wir Briefe nach London, darinnen wir Nachricht gaben
von unsern Umständen. Sie wusten Anfangs nicht was vor Schiff es wären, aber die meisten
unsrer Brr: waren sehr phlegmatisch dabey, ob sie gleich etl: Canonen loßschoßen,
u alle Matrosen dachten es seyen Spanier.
24.4.1742
Nachhero kam Br: Joh: Powell mit mir zu sprechen, da er denn die bittersten Thränen
vor mir weinte wegen seiner Umstände, daß er die Gemeine so sehr liebte, u doch mit
seiner Frau nicht könte zufrieden seyn.
16.5.1742
Bryzeliusin war heute ohnmächtig.
21.5.1742
Früh zwischen 7 – 8 Uhr huben wir unsre Anker auf, der Wind war aber contrair, doch
kamen wir zwischen Long Island und dem nechsten Lande hinein, nicht weit von Fishers
Island. Unsre Walze war heute gebrochen, daß wir bald den Anker
verlohren hätten, auch brachen ein paar Foreshrouts.
22.5.1742
Es war alles erfreut und lebendig, das Gebüsche und grünen Felder zu sehen.
22.5.1742
Der Capitain hätte lieber alle seine Passagier bey sich behalten, u es that ihm wehe
da die Brr: Abschied von ihn nahmen.
26.5.1742
Bryzelius mit seiner Frau und noch etlichen Brüdern und Schwestern giengen heute ans
Land, und kamen zu einem Bauer ins Hauß, der sie freundlich aufnahm, und die Leute
begehrten sie solten ein Lied vor ihnen singen, so sungen si: das Lied: Lamm Lamm
o Lamm, pp. Die Leute bezeugten eine große Begierde etwas zu hören, und noch mehr
von unsern Geschwistern zu sehen und zu hören. Sie schenckten ihnen eines von unsern
englischen Gesangsbüchern auf ihr Begehr.
26.5.1742
Es sprach ein alter Mann mit mir, der 10 Meilen aus dem Lande kommen war, um uns zu
sehen und zu hören.
28.5.1742
Wir reiseten heute durch einen gefährlichen Ort, genannt Hellgate, oder das Höllenthor,
welcher viele Felsen hat, und einen starken Zug des Waßers. Der Heyland aber half
uns gnädig durch, obgleich das Schiff schon einmal ausreißen wolte.
30.5.1742
Zwey von Captain Brionds Töchtern kamen zu Nobles, uns zu sehen, sie konten aber nicht
lange bleiben, weil ihnen ihr Vater gedrohet, er wolle sie fortjagen wenn sie zu uns
giengen. Sie durfften auch nicht in die Stunde kommen welche ich hielt. Sie schlichen
sich aber doch Abends zwischen 10 und 11 Uhr, da alles in ihrem Hause schlafen war,
heimlich weg, und kamen zu uns, u blieben biß 1 Uhr bey uns. Wir freuten und liebten
uns untereinander.
30.5.1742
Als wir bey Nobles waren, überlegten Bryzelius und ich und meine Frau es mit einander,
ob wir heute nicht fortgehen sollten. Des >Heylnds Antwort aber war wir sollten heute
nicht daran denken* und ob wir einige unsrer Leute solten laßen ans Land gehen? *
Nein.
30.5.1742
Als wir in Newyork ankamen, erkundigten wir uns wegen unsrer Brr: die mit Pieschen
voraus gegangen, und welche wir vermutheten schon in Philadelphia zu seyn, allein
wir erfuhren nichts von ihnen, das verursachte uns allerley Gedancken. Nachmittags
um 4 Uhr aber traten Br: Piesch und Brandmüller unvermuthet in die Stube, bey Nobles
welches uns erstaunte und erfreute
30.5.1742
Nach 8. Uhr in der Nacht fing der Wind überraus stark an zu wehen u. das Schiff wanckte
sehr: Zwischen 11. u 12. Uhr zerbrachen die Hölzer in der Walze womit man den Anker
heraufziehe, u. obgleich darinen war so hielten die doch ### auf, sondern zerbrachen
wie Schwefelhölzechen u. das Ankerthau zerriß sich mit großem Krach aus dem Schiffe
loos, u. unser Schiff hatte also keinen Halt mehr. Es lief gleich alles auf die Decke
u. manche dachten der Mast sey eingebrochen, andre der Donner habe eingeschlgn u.
s. f. Das Schiff war wohl währender Reise noch nicht in größere Gefahr gewesen als
diesesmahl.
4.6.1742
fruhmorgens huben wir wieder Ancker und gingen bis vor Iynghausen, des Abends kamen
noch einige Geschwister an Bort D Nitschmans Gersdorffs # Schachmans Biffer S Nitschmanin
nebs denen Schreibern, wir lagen Zwey Mall 24 Stunden vor Ancker wo selbst wir einen
stunlichen Sturm haben aus gestanden, und dem Lämlein ists ambesten be kant,
27.12.1749
denn den 4.ten früh um 7. Uhr Vollmond u. mit demselben veränderte sich auch der Wind,
gegen Mittag wendete sich der Wind nach Süd u. war sehr stark daß wir die Stunde bey
2. deut. Meilen fuhren. Um Mitternacht gieng er nach S.W. u. gleich auch nach W. u.
N. Die meisten von unsern Geschwistern wurden See-kranck. Diese Nacht waren wir in
Furcht, daß unsere Waßer u. Bier Fäßer los gehen würden u. also im Raum unten, wo
die Geschwister schlafen viele Unordnung machen; es gieng aber glückℓ. vorbey, außer
daß Die armen Schwestern sehr erschraken, da ihnen durch die hefftige Erschütterung
u: Anstoßen der Wellen ihre Bettstellen einbrachen.
4.3.1749
Den 9.ten waren wir unterm 45. Grad. Lat: u. 16. Long: es wehete sehr heftig. Unser
L. Herzen Nitschmanns erinnerten sich heute mit zärtℓ.em Gefühl des vor 10 Jahren
in Jena gehaltenen Sejours, da ihr Lieber Josua auf die Welt kam. Frühe [?] sungen
einge unter Music diesem lieben Kind manche artige Versgen, u. des Nachmittags celebrirte
eine kleine Gesellschafft in der Cajute seinen Geburtstag mit einem Liebes Mahl wobey
manche artige Particularia von den Jenischen Umständen mit vorkamen.
9.3.1749
Den 11.ten Wehet es sehr hefftig aus N.W. u. gegen Abend hatten wir etwas stürmisch
Wetter, doch gieng es noch gnädig ab, außer daß unsere Schwestern durch eine ziemlich
große Welle die herein schlug u. wovon viel Waßer unten in den Raum kam, sehr in Furcht
gesetzt worden, u. eine unter Ihnen dachte, wir wären schon untergegangen. Es kam
von derselben auch etwas in die Cajute. Unsere Leute sagten wir wären den Azorischen
Eilanden gegen über wenigstens auf der Höhe, obgleich weiter gegen Norden, und da
wäre es was Ungewöhnliches ohne harten Sturme davon zu kommen.
11.3.1749
2 Nächte Hatten wir recht hartes Wetter, das einem Sturm nicht viel unähnlich sahe,
wir waren auch einmahl in der Nacht sehr besorgt wir möchten auf Klippen stoßen bey
einer Insul, die die Holländer auf ihren See-Karten abgezeichnet haben, die Engelländer
aber nicht.
12.3.1749
Abends d. 16.ten in der Singstunde, die Samuel Krause hielte, wurde erinnert daß die
Geschwister mit dem Wasser ein wenig sparsamer umgehen möchten, als bißher geschehen;
weil man nicht wißen könte, wie lange unsere Reise andauren dörfte, u. der Wasser-Mangel
eine nicht geringe Noth unter uns bringen könte. Zu dem Ende würden die Brr. Christian
David u. Stoll zu Inspecteurs darüber gesetzet.
16.3.1749
Den 20. u. 21.ten Hatten wir einen harten Sturm von S:W: der uns ziemlich wieder zurück
trieb, wir konten nichts kochen, weil wir kein Feuer machen konten. Wir mußten beylegen
u: da haben wir zum ersten Mahl gesehen wie unsere Irene sich so artig mit den Wellen
conduisirt hat, denn wenn man dachte nun würde eine Sie bedecken, so sprang sie wie
eine Ente auf dieselbe u. so giengen die meisten unter ihr weg. Dieser Sturm hub sich
just an am Tage des Aquinoctio, um welche Zeit meistens man Stürme zu gewarten hat
das uns auch unser L: Dav: Nitsch: noch in Gravesande sagte: Daß uns beym Aquinoctio
doch Tag u. Nacht ein gleichen, u. vom Horizont der Lamms-Gemein man dennoch den klaren
Sonnen-Schein der Pleurӕ niemahls weichen siehet. Das erfreute uns doch mitten in
diesen stürmischen Umständen.
20./21.3.1749
Heute früh am Tag u. gegen Mittag sahen wir wieder 2. Schiffe uns vorbey seegeln,
dem letzten gaben wir zu verstehen, daß wir gerne mit ihnen sprechen möchten u. es
kam uns sehr nahe, daß wir es thun konten. Es war ein Frantzösisches, so von Martinique
kam und nach Nantes in Frankreich zurück kehrte. Es fragte uns um gute neue Zeitungen
u. wir sagten ihnen: Es war in Europa wieder Friede u. so nahm es Höflichen Abschied
von uns. Heute erinerte sich das gantze See-Gemeinlein recht gefühlig an das Heutige
Fest aller Chöre, so in den Gemeinen gefeyert wird, doch mit einem geheimen Sehnen,
u. wären gern zu mahl auf dem Brüder-Saal bey dem Abend Mahl gewesen, das wir nun
entbehren und fasten mußten, welches nicht ohne Schmerzen u. Verlangen
25.3.1749
Den 28.ten Früh um 3 Uhr änderte sich der Wind u. wurde N.O. u. gegen Tag fieng es
recht an zu blasen, daß wir diesen Tag die Stunde meistens 2. deut. Meilen seegelten.
Alles wurde auf dem Schiff darüber erfreut u. munter, und einige unter uns hatten
die angenehme Vorstellung u. Hoffnung, daß wenn es 8. Tage so stehen bliebe, noch
auf Ostern in America zu seyn, Weil wir gerne wieder einmahl die Feyertage zu Lande
feyern möchten, da wir die Weyhnachten schon auf der See hingebracht. Wir sahen heute
u. Gestern wieder Schiffe uns vorbeyseegeln, da einem allemahl ganz artig ist, daß
man noch Menschen außer uns gewahr wird. Unsere Schiffs Leute observirten Heute einen
starken Ring um die Sonne u. [aminierten] nicht viel Gutes daraus, welches wir auch
noch diese Nacht erfahren; denn es erhub sich ein Sturm der von N.O. anfieng u. herum
nach S.W. lief, so stark als wir noch keinen hatten
28.3.1749
Die Wellen bombardirten unsere Irene mit einer solchen Wucht, daß man dachte sie wolten
sie in den Abgrund versencken. Es war wirkℓ einem nicht anders zu Muthe als hätte
der Fürst der Finsterniß sein gantzes höllisches Heer aufgeboten sich diesem Häuflein
entgegen zu setzen. 2. starke Wellen schlugen an die Cajute an, nicht anders als ob
sie sie in Stücken zerschlagen wolten. Die Eine schlug beym obersten kleinen Cajuten
Fenster herein, zerbrach es, wie leicht zu erachten, in viele Stückgen; u. schoß da
wie ein aufgehaltener Strohm herein, daß man hernach das Wasser mit Eymern hinaus
tragen mußte. Unser L. Joh: Nitschm. u. seine Jule saßen just dagegegen über u. der
volle Strohm schoß auf sie zu, daß sie wie im Waßer schwummen. Gleich nach diesen
kam noch eine weit stärkere u. größere von der Seite des Schiffs, u. bedeckte das
Selbe gantz u. verursachte eine solche Erschütterung, daß alles sowohl bey den Brüdern
als Schwestern durcheinander fuhr, u. es war eine gnädige Bewahrung unsers Aeltesten
und seiner Trabanten der H. Engel, daß bey dem Untereinanderfahren der Coffer u. Küsten,
doch keinem von unsen Geschwistern einiger Schaden zugefügt worden, außer daß sie
viel Wasser in ihre Bette u. Lagerstätte kriegten wovor wir Ihnen herzℓ. danckten
u. auch davor, daß keinem von unsern Schiffs Leuten auf der Decke was begegnet; denn
die bey den Steuer-Leute Schoute u. Erhard kamen knapp davon daß sie nicht über Boord
geworfen wurden. An unserer Irene geschahen dießmahl weiter kein Schade, als daß ein
Brett am Rand oben über der Cajute davon eingeschmißen worden. Das Loch wo die Brüder
aus ihrem Saal auf und abstiegen wurde auch veste zu gemacht (denn ein vorz. Sturm
wars ofen) u. von Joh. Nitsch: den Brüdern untersagt, daß keiner sich auf die Decke
hinauswagen solte. Es währete so die gantze Nacht hindurch.
29.3.1749
Aber am 31.ten fieng er wieder heftiger an u. der Wind war dabey so veränderlich daß
er bald S.W. bald N.W. lief. Das erregte eine solche Confusion unter den Wellen, daß
sie ordentlich wie zu Felde gegeneinander lagen u. stritten welche unter ihnen die
Oberhand über die andre bekommen solte; da sahe es um unsere Irene sehr Confus, stürmisch
u. gefährlich aus, u. ohnerachtet sie sich mit den Wellen so betragen konte, daß ich
noch kein dergleich Schiff so gesehen, das auf den Wellen wie eine Ente herum schwimt;
so kamen um Mitternacht 2. dergleichen große Wellen gleichsam wie in einer Bataille
so hintereinander u. thürmten sich wie Berge gegen einander auf, u. dann schlugen
sie mit eins von fornen wo die Ancker festgemacht sind, mit einer solchen fune u.
force herein daß man nicht anders dachte als solten sie das Schiff in Trümmern zerschlagen.
Haben wir nun bey den Wellen, so am Sonnabend herein geschlagen, gemacht daß sie heftig
wären; so waren sie doch gegen dieser nichts zu rechnen. Alles im Schiff flog untereinander
es mochte noch so vestgemacht seyn, viel ärger als jemahlen, so wohl in der Cajute
als unten im Raum u. unter der Decke. Bey den Brüdern brach die Bettstelle auch ein
auf der Seite wo Schoute seine Cabine hat. Die Brüder brachten die gantze Nacht zu
alles wieder in Ordnung zu bringen u. veste zu machen. Und es war eine nicht geringe
Vorsichtigkeit, daß die Nacht-Wache wohl 3. fach besetzt wurde, so wohl von Männern
als Led: Brüdern, damit sie im Falle der Noth gleich bey der Hand seyn konten; sonderℓ.
daß die Männer denen Schwestern zu Hülfe kommen konten. Hatten wir nun Ursach gehabt
vor die vorherige Treue u. Bewahrung dem Lämmlein u. seinen H. Restgefehrten u. Schaaren
zu dancken; so hatten wir sie dieses Mahl noch mehr: denn außer der Confusion, die
die Wellen inwendig im Schiff verursacht; so hat sie auch von außen auf der Decke
weiter keinen Schaden unserer Irene gethan; als daß sie unsere Küche u. Schornstein
biß an den hintersten Mast rückte, (den man aber bald wieder an ihre Stelle setzen
konte) und die langen Seiten Bretter, so in der Länge des Schiffs hingiengen, auf
beyden Seiten gleich einschlug und sie über Boord nahm, u. das war gut, denn damit
schoß das Waßer auf beyden Seiten des Schiffs wie ein aufhaltener Strohm wieder ab,
und unsere Irene konte sich wieder erholen. Über das so war es auch gut daß sie von
forne herein schlug u. aus dem großen Ancker den sie auch von der Stelle rückte, ihre
meiste force abstieß, denn wäre sie von der Seite des Schiffs gekommen so hätte sie
(nach Aussage Br. Garrisons) gewiß die beyden Boote mithin weggenommen u. dadurch
die Decke daran sie vestgemacht werden, mit aufgerißen. Wie hoch das Wasser die Wellen
über das Schiff herein geschlagen, werden diejenigen begreiffen, die wißen wie hoch
der große Rae am mittelsten Mast stehet, denn über diesen schlug sie gegen der Küche
u. Cajute zu; Garrison stunde eben drauf auf der Decke beym Compass, der ist wie leicht
zu erachten so naß geworden daß kein trockner Fach an ihm war daher ists auch Leicht
zu begreifen warum so viel Waßer hinunter zu den Schwestern gekommen; daß sie zum
Theil wie in ihren Bettstellen schwummen; denn das Waßer schoß oben durch den Schornstein
herunter wie ein Strohm. Bey den Matrosen war es noch schlimmer: denn deren ihre Betten
waren gantz unter Wasser u. sie dachten gar die Decke wäre eingeschlag u. hatten genug
zu thun biß sie das Wasser mit Eymern wieder hinaus gebracht. Unser L. Capitain u.
Steuer-Leute waren gewiß nicht wenig verlegen: und hieltens vor ein nicht geringes
Wunder daß unserer Irene kein größerer Schaden dadurch zugefüget worden: denn Garrison
sagtes, So eine Welle wäre im Stand das gantze Schiff zu zerschlagen, u. er wüßte
sich nicht zu be-[?] daß er jemahls so eine auf sein Schiff bekommen.
31.3.1749
Den 1.ten war der Sturm Vormittag wieder etwas gelinder u. mit Regen vermischt: Des
Nachmittags aber um 4. Uhr kam er von S.W. noch heftger als er je gewesen, u. man
dachte würkℓ. nicht anders als solte alles zu Trümmern gehen. Garrison sagte auch:
er wäre nun schon so etℓ.e 30 Jahr zur See gefahren, aber so hoch hätte er die See
niemahls gesehen. Der Mond schiene hell u. wenn man die See ansahe, so war sie so
weiß wie der Schnee von dem Rauschen und Zusammenschlagen der Wellen. Ich habe auf
der gantzen Reise an unserer Irene kein solches zittern, erschüttern u. beben wahrgenommen
als in dieser Nacht, da sie sich so durch die Wellen hindurch arbeitete u. gleichsam
auf allen Seiten gedränget war.
1.4.1749
Den 2.ten April biß gegen Abend, und weil der Wind N.W. war, so konten wir doch die
Nacht wieder etwas seegeln. Wie uns allen ins gesamt in diesen Umständen zu muthe
gewesen, können die Geschwister beichtlich machen. Im Grunde konte man es wohl nicht
faßen u. begreiffen, daß dieses Seegemeinlein seine Grabstätte auf diesem großen Welt
Meer finden solte; doch wußte man nicht warum ein solch heftiges Stürmen so lange
währen u. wir wieder so weit zurück geworfen werden solten. Daher auch unserm Capitain
u. Steuer Leuten einfiel, daß der Fürst in der Luft sein Heer aufgeboten hätte diesem
Häuflein sich zu wiedersetzen weil es seinem Reich eben keinen Nutzen schaffen würde;
Sie sprachen darneben von einer Gegend da ehmahls Land u. Leute gewesen, das aber
untergegangen u. um die Gegend sollen sich fast allemahl solche Stürme ereignen. Wir
haben von Herzen gesungen: Breit aus die Flügelein Beyde; u. laß die Engelein singen
sie sollen unverletzet seyn.
2.4.1749
Aber noch weit mehr hat unser Allerliebstes Seitenhölchen uns erquickt und unter Seinen
heiter gemacht da wir von unserm th. Herzen Joh. N: die erfreuliche Nachricht kriegten,
daß es sich gefallen laßen uns an-Heute auf seinem Fest gantz besonders zu regaliren,
zu küßen, zu umarmen und uns aus seiner tiefsten Herzgruft zu speißen und zu träncken.
Was das bey allen unsern Schiffs Herzeln vor eine unvermuthette, angenehme u. seelige
Metamorphosins u, Veränderung verursachte, können unsere Herzel in Europa, die sich
darin logirt haben, leicht erachten. Doch da die bloße Nachricht schon eine solche
Freude u. Erquickung war; So war es freylich uns noch viel gefälliger, herzerwärmender
u. ein [?], da es uns gantz in seine Arme u. in seinen Schooß nahm u. uns ehelich
durchgieng, davon, wie bekant, zu keiner Zeit tüchtige u. würdige Expressionen ausgestunden
werden können, u. also müßen auch wir solches der eigenen Erfahrung u. Gefühle überlaßen.
4.4.1749
Auf einmal aber sprung der Wind nach N:W und unser Schiff stund gegen den Wind, die
Seegel schlugen sich zusammen; Garrison sprang über dem aus der Cajute herzu u. hatte
nur einen Stiefel an, wendete erstℓ. das Schiff vor den Wind u. ließ gleich alle Seegel
los u. aufbinden, da müßte alles helfen was helfen konte. Wenn uns der Heiland hier
nicht bewahret hätte; so wären in ein paar Minuten die Mäste über Boord gewesen, wo
nicht gar noch was Ärges uns wiederfahren wär. Es soll einem Orcan nicht unähnlich
gewesen seyn, der Sturm währete hernach biß in die Nacht u. der Wind wurde Nord –
und wir fieng nach 7. Uhr wieder an zu seegeln. Das wechselte nun schon so etliche
Tage miteinander ab, einen Tag gut u. still Wetter, den andern Sturm, daß wir also
der Stürme ziemlich gewohnt werden u. vor was alltägℓ.es halten. Wir sahen heute u
gestern ein 3. mästiges Schiff mit uns seegeln aber mehr südlich, das sahen wir biß
den 26.ten da verlohr sichs
21.4.1749
Das schöne Wetter veranlaßte die Geschwister ihre Bette u. übrige Sach in Coffrer
auf die Decke in die Sonne zu legen, weil um sie zu trocknen, weil viele ihre Küsten
u. Coffrer ganz naß u. die Sachen darinn theils modrig, theils verfault waren. Wie
denn auch vieler ihre Matrazen unten in der Hole, wo das meiste Wasser hierein geschlagen
ganz ruinirt sind. Wie es nun am Tag so schön u. hell Wetter war; so war es bey in
der Nacht beym Monden-Schein noch lieblicher, denn es war nicht so heiß als am Tage,
daher sich die Geschwister meistens auf der Decke sich aufhielten, denn unter der
Decke wo man schläft war eine solche Hitze u. Dunst, der einem bey nahe den Athem
versetzte: Es war auch kein Wunder nicht, denn wir waren zwischen dem 36. u. 37. Grad
Lat:
22.-26.4.1749
Heute Vormittag warfen sie das Senckbley aus um Grund zu suchen, weil aber die 2.
Seile nicht recht vest ineinand. gebunden waren denn sie machten wohl 100 Klafter
aus, so gieng sie los mithin das Senckbley verlohren. Auf den Nachmittag wurde ein
Neues gegoßen. Wir sahen auch heute viele flingenden Fische um unser Schiff. Es wurde
einer gefangen, daß man ihn recht betrachten konte.
29.4.1749
Den 4.ten war wieder ein schöner heller Tag aber wenig Wind er war meist N. Vormittag
sahe sich Br Garrison auf der Decke ein wenig um, u. wurde von Fernen in der See etwa
¾ Stund vom Schiff etwas gewahr das sehr aus dem Wasser hervor ragte u: sich bewegte.
Bald dachte man es wäre ein Fisch, bald sahe es aus wie ein Boot od. wie ein verunglücktes
Schiff, weil es immer auf einer Stelle blieb. Weil man nun nicht recht gewiß war,
ob es nicht etwa ein im letzten Sturm verunglücktes Schiff seyn könte, worauf vielleicht
noch Menschen wären, wie es sich öffters so zu trägt; So resolvirte sich Br: Garrison,
weil es Calm u. die See Spiegel glatt war, ein Boot auszusetzen und mit etlichen Matrosen
dahin zu rudern. Wie sie an den Ort kamen, so war es ein ungeheuer großer Wallfisch,
Garrison sagte: er wäre wohl so lang u. groß gewesen als unsere Irene. Der muß also
irgendwo einen Harpunen gekriegt u. damit davon gekommen seyn biß dahin, wo er wie
ein Aas lag, darauf viele Vögel saßen, u. drum herum eine große Menge anderer Fische
schwummen, die sich an ihm delectirten. Garrison nahm etliche Harpunen mit sich, u.
warf sie auf 2. Fische, den einen kriegte er u. brachte ihn mit sich aufs Schiff,
der andere hatte zwar auch einen Treff gekriegt u. Garrison hatte ihn eine Weile,
hinter dem Boot nach sich gezogen [ent#] gieng er mit dem Harpunen durch dieser so
er mit sich brachte war ein Hy-Fisch, wie ihn die Holländer nennen von einer ziemlichen
Größe. Garrison nannt ihn auch ein See-Tiger. Er ist aber nicht gut zu eßen. Sie haben
ihm die Haut abgezogen, welche die Schreiner u. Drechsler gut zum poliren gebrauchen
können, u. übrigens ihn gantz zerschnitten. Er hatte 4. große Floß-Federn unterm Leibe
u. eine auf dem Rücken. Sein Mund war ziemlich groß u. weit, daß er einen guten Bißen
verschlucken konte; und seine Zähne waren just wie eine Säge unten u. oben; und die
Zacken paßten gantz schön eineinander u. waren so scharf, daß wenn man sie nur ein
wenig anrührete, so giengs Blut darnach. Solte Br Garrison mit seinem Schiffs Volck
allein gewesen seyn; so hätte er an dem Wallfisch diesmahl einen rechten Fund gethan,
u. etliche tausend da erschwingen könen an dem Fett u. Fischbein, so war aber der
Transport zu starck und nicht so leicht zu den Fäßern zu kommen u. also vor das Mahl
nichts zu thun.
4.5.1749
Den 7ten den gantzen Tag u. weil er vom Land kam dem wir schon so nahe waren, so war
er so kalt daß einem Haut schauerte. Sie stiegen heut Vormittag auf die Mäste um Land
zu sehen, weil sie nach ihrer Rechnung nicht weit mehr davon seyn könten; sie meinten
auch würklich sie sähen Land, das gab eine vergebℓ.e Freude bey den Geschwistern,
denn in einer 4.tel Stund war es wieder nicht wahr. Um Mittag begegnete uns eine Chaloupe
von der Insul Nantucket die in der Gegend Boston liegt. Bey dem Schiffer erkundigte
sich Br. Garrison wo wir wären u. erfuhr daß wir wohl Long: Eyland gegen über; aber
doch noch so so 70 deutsche Meilen biß Newyorck zu seegeln hätten.
7.5.1749
Den 12.ten als am Märischen Kirchweyh-Fest langten wir Nachmittags um 3. Uhr vor der
Stadt Newyorck an, mit der Loos: Sagt den Fürsten Juda: Ich will Himmel u. Erde bewegen.
Ach mein Herzliches Jesulein! mach mir ein rein sanft Bettelein zu ruh´n in deines
Herzens-Schrein. Wir waren kaum vor Ancker so kriegten wir gleich Visiten von hiesigen
Geschwistern die uns bewillkommten. Es stunde heute schon in der Zeitung: daß Capitain
Garrison mit Mährℓ. Leuten wär angekommen.
12.5.1749
Frühe um 6 Uhr hielten wir unser letztes Liebesmahl mit unsern Herzeln in Gravesend,
und gingen gleich darauf alle an Bord unseres Schiffes, kamen in der Cabine zusammen
und da nahmen unser liebes Christelein, Anna Johanna, David Nitschman, Louis p von
uns Abschied. Wir sungen mit ihnen: Wir wollen mit Freuden ihm zu Gebote stehn p.
Und dabey bleibts in Ewigkeit. Wir legen uns p unter Vergießung vieler Liebes Thränen,
und so küßeten wir uns zuletzt mit einem unaussprechlichen Gefühl. Sie stiegen darauf
in ihr Boot und sungen uns noch zu:
27.9.1746
Wir hielten Mittags mit ihnen unser erstes Liebesmahl auf dem Schiffe und waren unaussprechlich
seelig. Unser Capitain der heute an Bord kam, war sehr freundlich und machte uns unser
Apartement im Stearage selber fertig. Nachmittags um halb 4 Uhr lichteten wir den
Anker und traten unsre Reise an.
27.9.1746
Unser Pläzchen hinter dem Vorhang im Stearage ist würcklich ein recht ehrwürdiges
Gemein Pläzchen; wir weiheten es unserm Lamme daß Er es mit seinem Wunden Lichte erfüllen
und uns fühlen laßen sollte daß es ein Heiligthum wäre daran Er Gefallen hätte und
dazu sich keine fremde Macht nahen dürffte, und es war uns so daß Er Possess drinen
nahm und daß die Mutter die so gerne Tempel hat unser Gemeinlein indem das Lämmlein
Aeltester ist zum Exempel machen würde. Hernach gingen wir Brüder noch auf die Decke
und sungen etlich Creuz Lufft Vögleins Verse
27.9.1746
Wir lagen heute wegen des starken contrairen West Windes stille vor Deal, und weil
das Schiff sich sehr stark bewegte so waren die meisten von uns den ganzen Tag See
krank, doch alle so niedlich und seelig daß mans sehen konnte daß wir zur Creuz Lufft
Vögleins Schaar gehören. Wir brachten heute unser eußerliche Sachen im Schiffe vollends
in Ordnung unser Capitain machte uns Vorhänge vor unsre Betten, und wir richteten
alles so ein wie wirs glaubten daß unser Papachen es gerne sehen würde wenn es bey
uns wäre.
29.9.1746
Mittags ließ sich ein Französisches Schiff in der See nicht weit von uns sehen, es
liefen darauf etliche Englische Schiffe von hier aus um es zu verfolgen, wir dachten
dabey mit einem seeligen Gefühl an unsre heutige Rede des Heilandes: Wenn ihr hören
werdet von Kriegen und Lermen, werdert nicht irer denn es muß also geschehen.
30.9.1746
Wir schrieben also noch ein Briefgen an unser liebes Papachen nach London und meldeten
unsre Abreise, und gingen um 12 Uhr Mittags in Compagnie von 28 andern Schiffen mit
einem starken Seegelwinde in den Canal hinein.
1.10.1746
Was macht ein Creuz Lufft Vögelein
wenns fährt in den Canal hinein
es siehet noch sehr offt zurück
mit einem Sehnsuchts vollen Blick
auf seine Herzelein
ihm nah im Seiten Schrein
und sonst in England hin u. her
in London, Yorkshire, Buttermeer
vor jezt verstreuet
und dann so singt es im Canal
sein: Ehre sey dem Seiten Maal
und sänge gern, wärs nur schon da
dis Lied in Philadelphia
das wär ihm recht gemüthlich
indeß fliegts hier recht niedlich.
27.9.1746
Der Wind wurde hernach noch stärker und wir bekamen Abends zwischen 6 - 7 Uhr einen
Sturm aus West Süd west, so daß wir die Seegel biß auf eines einziehen unser Ruder
anbinden und nur so in die See hinein treiben musten zumahl wir ziemlich nahe am Lande
waren. Es sahe wohl ein wenig fürchterlich aus und hörte sich noch fürchterlicher
zu wie die Winde heulten und die Wellen ans Schiff anschlugen, dabey es so finster
war daß man nichts als den Schaum von den Wellen sehen konnte; es war uns aber recht
artig dabey
7.10.1746
Wir hörten heute daß die 3 großen Kriegs Schiffe die mit uns hier vor Anker liegen,
in dem letzteren Sturme da sie noch in See gewesen, viel Schaden gelitten und sahens
also wie gut unser Lämmlein es mit Uns gemacht daß es uns noch vorher zur Sicherheit
hier einlauffen laßen.
14.10.1746
Unser Capitain machte frühe die Convoy aus die uns nebst noch etlichen andern Schiffen
die nach Philadelphia und Carolina gehen escortiren sollte. Es ist ein Englisches
Krieges Schiff von 20 Canonen Portomation genannt und war fertig heute gegen Abend
auszugehen. Wir sowol als der Capitain besorgten hernach noch was wir am Lande zu
thun hatten und schrieben noch unsre letzte Briefe nach London und sandten sie immediate
vor unserm Abfahren an Land mit viel 1000 zärtlichen Liebes Grüßgen und Küßgen an
unsre Herzel in England, Holland, Deutschland auf ihren Pilger Gängen pp.
Nachmittags nach 4 Uhr ging unser Convoy mit etlichen andern Schiffen fort; wir waren
noch nicht ganz fertig, gegen 6 Uhr aber zogen wir unsre Seegel auf und lichteten
den Anker
17.10.1746
Frühe um 7 Uhr waren wir gegen Lizard point und da verließ uns unser Convoy und ging
mit 6 biß 7 andren Schiffen nach Leverpool zu; wir seegelten also in Compagnie 5 andrer
Schiffe davon 1 nach Philadelphia, 1 nach Carolina und 1 nach Antigoa gehn unsren
Cours Südl. fort und empfohlen uns aufs neue dem Schuz unsers lieben Vaters und seiner
Frohn Dienerlein. Das Schiffgen strich mit aller Macht durch die Wellen hin, und wir
sahen heute erst recht was Seegeln heißet, wir hatten 14 Seegel auf und beständig
starken Nord oder Nord bey Ost Wind. Wir freueten uns recht kindlich darüber daß wir
an unsers allerliebsten Johanneleins Geburts Tage daran wir mit vieler Zärtlichkeit
dachten, nun recht in die See kamen und sungen ihm auf der Decke manches Versel im
festen Glauben daß Ers fühlen und auch unser gedenken werde. Unsre Herzel wurden heute
zum Theil wieder Seekrank, doch wars bey allen noch sehr erleidlich und alles war
dazu froh daß wir nur in die See kamen, nachdem wir gerade 3 Wochen im Canal zugebracht
hatten. Mittags zwischen 11-12 Uhr verlohren wir Lands Ende und also ganz England
aus dem Gesichte
18.10.1746
Wir krigten diesen Nachmittag um 2 Uhr nach Süden zu ein Schiff ins Gesichte sehr
ferne von uns, konnten aber nicht erkennen was es war. Es hatte wenig Seegel auf und
seegelte zuerst Süd Ost. Wie es aber uns etwa ansichtig werden mochte so änderte es
auf einmal seinen Cours nach uns zu und sezte zugleich alle seine Seegel auf um uns
einzuholen. Abends um 5 Uhr da es noch zieml. weit von uns war gab ein Schiff von
unsrer Compagnie ein Zeichen, um zu erfahren ob es antworten und sich vor einen Engländer
declariren würde; es gab aber keine Antwort, sondern seegelte mit aller Macht auf
uns zu, und da glaubten alle Capitains es werde ein Französischer Privateer seyn.
Wir erfuhren kaum etwas davon biß nach unsrer Singstunde zwischen 8-9 Uhr Abends es
uns einholete und etwa nur noch 1/2 Engl. Meile von uns war. Die andern Schiffe von
unser Compagnie waren just alle voraus und wir alleine die hintersten. Da kam alles
in Allarm auf unserm Schiffe die Boots Leute kamen und sagten uns es sey ein French
Man u. wir wären alle hin. Der Capitain von dem fremden Schiffe rief uns darauf an
fragte erst wer wir wären zwar auf Englisch aber mit so einem Französischen Accent
daß unser Capitain ihn festigl. vor einen Franz Mann hielt. Er commandirte uns die
Seegel zu streichen, welches wir auch alsofort thaten, da war nun alles auf unserm
Schiffe in der grösten Consternation und augenblicklichen Erwartung der Franzosen
an Bord. Die andern Passagierer waren alle confus und wusten nicht wozu sie zuerst
greiffen sollten. Wir kamen alle in unsrem Pläzgen hinter dem Vorhang zusammen, blieben
zum Theil im Bette liegen und wir andern sezten uns ganz stille und ruhig hin, empfohlen
uns unserm Lämmelein und erwarteten was geschehen würde. Es war uns recht artig zu
Muthe, wir hatten in unsern Singestunde gesungen: Den Satanas ein Schrecken der Gegend
zum bedecken wo Du uns grade hast p. Doch waren wir kindlich damit zufrieden, wenn
unser Lämmlein es über uns beschloßen hätte, daß das nun unsre Führung seyn sollte,
welches wir doch noch nicht recht glauben konnten, obgleich einer nach dem andern
von der Decke zu uns kam und voller Confusion versicherte daß es ein French Man sey.
Das einige was wir gern hätten in Sicherheit gesehn war der grüne Sack mit den Briefen
und Scripturen. Und dabey war es uns sehr lieb daß unser Capitain gar keine Anstalt
machte sich zu wehren, sondern auf Ordre gleich die Seegel strich. Endl. da Er ganz
nahe an uns kam so gab Er sich zu erkennen daß er ein Englischer Man of War von 20
Canonen die Embuscade genannt wäre, der auf der Höhe von Uschant kreuzte und uns vor
Französische Schiffe gehalten hatte. Da war alles voller Freuden, wir zogen unser
Seegel wieder auf und sezten unsern Cours fort. Wir dankten unserm Lämmlein kindlich
für sein Aufsehen auf uns und empfohlen uns der ferneren Bewahrung und Vorsorge seines
lieben Vaters an;
18.10.1746
Was macht ein Creuz Lufft Vögelein
wenns höret auf der Decke schreyn
da ist ein Frencher Privateer
now are we lost together here
es denkt: ach liebes Lamm
du bist wohl wundersam
und läßest deine Herzel offt
erfahren was sie kaum gehofft
auf ihrer Reise;
hast du es vor uns decretirt
daß man uns hin nach Frankreich führt
und nicht nach Philadelphia
so sind wir dir auch dazu da
und folgen dir recht gerne
sey du uns nur nicht ferne.
Inzwischen retirirt sich doch
des Vögleins Zug ins Seiten Loch
sizt hinter seinem Vorhang still
und wartet was nun werden will
und sieht so in der Ruh
dem andern Volke zu
wies voller Unruh, Angst u. Noth
sein Fatum das ihm jezo droht
so lang erwartet
und da die Noth vorüber ist
freut sich das Vöglein mit und küßt
dem Lämmlein Herz und Fuß und Hand
davon sein Blick sich nicht verwandt
und singet ihm auch heute
sein: Gloria der Seite.
18.10.1746
Nachmittags um 3 Uhr wurden wir von ferne gegen Westen eine Flotte von 10-12 Schiffen
ansichtig die Seitwerts auf uns zu avancirte. Wir blieben in unserm Cours und sahen
da sie uns näher kamen auch bald daß es eine Englische Escadre von 14 Kriegs Schiffen
war und zwar wie wir hernach hörten unter Commando des Admirals Anson die in dieser
Gegend um Ferrol und Corunna herum kreuzten. Sie schickten auf uns und das Schiff
das in Compagnie mit uns seegelte gleich 2 Kriegs Schiffe aus um uns zu visitiren.
Eins davon der Monmouth von 70 Canonen kam nahe zu uns, wir legten also 1/2 Stunde
bey und der Lieutenant kam mit einem Boot zu uns an Bord und erkundigte sich nach
unsern Passeports p. nahm hernach wieder Abschied und wir sezten unsern Cours mit
recht starken Winde wieder fort.
23.10.1746
Wir hielten also Abends gegen 8 Uhr miteinander ein niedliches Liebesmahl und gleich
darauf ein kurzes Singestündgen. Gegen 10 Uhr kamen wir wieder zusammen, fleheten
unsern Mann um sein wahres Nahseyn kindlich an, legten uns ihm als seine arme Sünderlein
die doch ein Theil seines Leibes sind, zu seinen durchgrabenen Füßen und erwarteten
seiner Flamm mit 100 Herzens Thränen. Er erfüllete auch unser Pläzchen mit dem blutgen
Geists Gesause gab uns seinen Marter Leichnam zu eßen und sein Blut zu trinken, und
so gingen wir mit seinem Schweiß im Bußkampf über Leib und Seel bedunstet seelig schlaffen,
nachdem wir uns noch zuvor von unserm lieben Mann, seinem Vater und Geist, unsern
begleitenden Engelein und dem General und Special Kirchlein zum heiligen Creuze einander
gegrüßet und geküßet hatten.
23.10.1746
Abends hatten wir ein recht seeliges Singe Stündgen und gleich nach demselben errettete
uns unser Lämmlein und sein Lieber Vater aus einer augenscheinlichen Lebens Gefahr.
Es war nehmlich dem andern Schiffe das bißher in Compagnie mit uns geseegelt und auf
dem das Ruder mit einem Rade wie auf Englischen Schiffen sehr gewöhnlich ist regiert
wurde, etwas am Ruder zerbrochen daher triebs auf Discretion des Windes und der Wellen
nur hin, und weil die See sehr stark ging, so kams mit einer erstaunlichen Force auf
uns loß und es fehlte um keine 1/2 Minute mehr so hätte es uns auf einmal in Grund
geseegelt. Unser Sailor der das Ruder führte hatte aus Negligence es nicht observirt,
biß sie endlich von dem andern Schiffe uns zuschrien daß sie sich nicht helffen könnten
weil ihr Ruder zerbrochen sey. Da entstunde auf unserm Schiffe eine große Confusion,
wir dreheten mit der grösten Geschwindigkeit um so daß auch eines von den Seegeln
weils gegen den Wind ging, loßriß, die Wellen schlugen übers Schiff her und es sahe
doch ein bißel fürchterl. aus. Wir kamen aber doch endlich Seitwerts, und unser Capitain
der bey dem allem sehr activ war (wie er denn überhaupt Tag und nacht selber sehr
vorsichtig auf alles Achtung giebet) brachte bald wiederum alles in Ordnung, und wir
sezten unsern Cours mit starken Schritten wieder fort.
25.10.1746
Die See war Spiegelglatt und es rührte sich fast kein Lüfftgen, und was sich noch
regte das war alles so warm und heiß als wenns mitten im Sommer wäre.
2.11.1746
Unsre Schiffsleute discourirten mit einander davon, daß, weil wir nun so nahe zum
Tropico Cancri kämen sie wie gewöhnlich diejenigen taufen müßten die ihn noch nicht
passirt wären. Der Capitain aber gab ihnen zu verstehen, daß sie sich dergleichen
schlechterdings nicht unterstehn sollten, weil Er es auf seinem Schiffe niemals dergleichen
verstattet noch auch künfftig einführen würde. Und so handelt Er überhaupt in allen
Stücken sehr raisonabel gegen uns, und wir könnten von keinem natürlichen Mann mehr
erwarten, als Er noch biß jezo an Uns gethan hat.
9.11.1746
Unser liebes Herzel Westman erholte sich heute auch wieder von seiner Krankheit zu
unsrer allgemeinen Freude, und wir dankten auch davor dem Lämmlein kindlich, weil
wir zu mahl mit manchen zur Medicin auf der See gehörigen Nothwendigkeiten so schlecht
versehen sind daß wir gerne alles auf ihn allein ankommen laßen.
21.11.1746
Nun fliegt das Creuz Lufft Vögleins Heer
8 Wochen schon herum im Meer
3 Wochen war es im Canal
und sahe noch viel hundertmahl
nach London zu zurück
dann gings mit gutem Glück
naus in die Bay und Spansche See
es kam zur Africanschen Höh
vergnügt und seelig
nun fährt es niedlich hin und her
auf dem Americanschen Meer
und hat wohl noch durch Fluth und Well
500 Meilen biß zur Stell
zur Ruh im Kirchen Frieden
ihm von dem Lamm beschieden.
Doch will es unser lieber Mann
so ist der Schwung auch bald gethan
im Hölchen wo's so blutig blizt
wo so manch Tröpfchen raus gesprizt
währt ihm die Zeit nicht lang
Sein Favorit Gesang
bleibt doch sein pleurae gloria
des Lammes Blut Historia
verkürzt die Stunden
und krigt es gleich nichts zu Gesicht
als Meer und Himmel so gebricht
ihm nie die Meditation
und seelge Application
aufs liebe Seiten Hölchen
wie wohl ist doch dem Seelchen!
21.11.1746
Sonst mußten wir eine fast unerträgliche Hizze ausstehen; der Wind war wohl Ostlich
aber sehr abwechselnd bald ziemlich stark und zuweilen wieder ganz schwach. Gegen
Abend fings an in Nord und Nordwesten und bald darauf auch gegen Süden sehr stark
zu blizzen, wir bekamen dabey etwas starken Ostwind. Gegen 9 Uhr zog sichs endlich
zusammen und fing an zu donnern. Und wir sahen recht mit Vergnügen zu wie die Strahlen
von Bliz so majestätisch und unaufhörl. durcheinander fuhren. So zogs sich am ganzen
Horizont herum und blieb endlich Süd Ost stehen und von da her bekamen wir gegen 11
Uhr einen ziemlich starken Wind ders Schiffgen mit aller Macht fortführte. Und da
schon alles vorbey zu seyn schien so erhub sich gegen 1 Uhr in der Nacht wieder ein
gewaltig Donnerwetter mit entsezlich starken Plaz Regen, dabey es fast ganz stille
wurde, biß endlich da das vorüber war ein recht schöner starker Ost Nord Ost wieder
kam daß wir unseren Cours ohne Schaden und recht sehr vergnügt prosequiren konnten.
22.11.1746
Zum Geburts Tage unsrer lieben Mutter Anna hielten wir ein Liebesmahl mit Brodt und
Wein, erinnerten uns besonders ihrer Pilger Farth über eben diesen Ocean nach Pensylvanien,
wo sie noch keine solche Gemeine und Aufnahme wie wir jezo, vermuthen konnte, und
freueten uns dabey unsers aparten Rechtes an Sie weil Sie doch ein besonder Theil
an Bethlehem und ganz Pensylvanien hat.
23.11.1746
Unser Capitain hat uns zuweilen besonders des Sabbaths und des Sonntags hinten auf
der Decke der großen Hizze halber eine Hütte von Seegel Tuch gemacht, da läßt sichs
recht niedlich sizzen und ruhen weil wir nicht viel Sabbaths Spazier Gänge hier machen
Können. Der Wind war heute Süd Ost und Süd nicht gar zu stark doch avancirten wir
immer in unsern Cours und krigten Abends auch wieder mehr Wind. Nachmittags gegen
4 Uhr sahen wir von ferne ein ziemlich großes Schiff, es schien zuerst auf uns zu
zu seegeln änderte aber hernach seinen Cours wieder und ging Süd Ostlich, vielleicht
weil sichs gar vor uns fürchten möchte. Unser Capitain vermuthete daß es ein Schiff
von Boston oder Philadelphia nach Barbadoes gehend seyn möchte
26.11.1746
wir hatten den ganzen Nachmittag biß spät in die Nacht hinein Calm, und lagen so stille
als wenn wir auf einem kleinen Bache gewesen wären, zu großer Verwunderung aller Schiffsleute
die sich dergleichen bey jeziger Jahres Zeit in hiesiger Gegend nie angetroffen zu
haben erinnern
3.12.1746
Unsern Schiffsleuten wurde würklich nicht ganz wohl zu Muthe bey der langen Reise
davon wir noch kein Ende vor uns sehen konnten. Unser Capitain war bange ob Er nicht
würde gezwungen werden aus Mangel des Waßers gar nach den West Indies i.l. denen uns
gegen Süden liegenden Islands in der Latit. von 17.18 Grad um Thomas und Crux herum
davon wir nicht über 90 bis 100 Meilen entfernt waren zu gehen.
5.12.1746
Unser Capitain war auch besonders Abends sehr sorgfältig kein Licht sehen zu laßen,
damit uns Niemand in der Ferne entdecken möchte, weil wir in einer Gegend waren, da
die Spanischen Privateers sich fleißig aufzuhalten pflegen, und heute und die nächsten
3, 4 Tage die gefährlichste Ecke vor uns hatten.
9.12.1746
Wir lebten auch recht seelig und frölich; kamen Vormittags in der Cabine zusammen
und unsre Wunden Litaney schmeckte uns so neu und lieblich, daß uns Herz und Augen
drüber thräneten und unser lieber Mann that würckl. recht schön mit uns. Wir gedachten
viel an die seeligen Chor Gelegenheiten in der Gemeine, 4telstunden, Classen p und
wünschten es uns auch wieder einmal so gut zu haben und mit dabey seyn zu können nach
einer doch ziemlich langen Pause. Abends sungen wir unser Te Matrem und befohlen und
unsrer lieben Mutter aufs neue zu treuen Händen an, daß sie in unsrer Pilger Sabbaths
Zeit auf dem Meer uns vollends so formen möchte wie sie uns bey unsern Geschwister
in Bethlehem gerne sähe und haben wollte.
11.12.1746
Wir passirten just die Gegend wo es dem ordinairen Gange nach die meiste Gefahr wegen
der Privateers hat, und befohlens unserm lieben Vater an daß Er für uns streiten und
uns als seines Sohnes Leute sicher und seelig hindurch bringen möchte.
13.12.1746
Diese Nacht zwischen 1 und 2 Uhr kriegten wir Sturm aus Nord Osten so gewaltig und
hefftig daß alles was wir bißher in mehr als 11 Wochen auf der See gesehn und erfahren
nichts dagegen zu rechnen war. Die See erhub sich erstaunlich und ging ziemlich paralel
mit unserm Top Seegel und sehr offt über das Schiff her, und das Schiff wurde mit
einer unglaublichen Force und Geschwindigkeit von einer Seite zur andern geworffen.
Dabey war es so dunkel und finster daß man nichts als die Spizzen von den Wellen die
wie Feuer brannten und durch einander fuhren, sehen konnte. Wir nahmen alle Seegel
ein, der Wind riß aber das größte Seegel beym Einnehmen an der einen Seite von oben
biß unten durch entzwey; banden hernach unser Ruder an, und trieben nur so hin vom
Lande weg in die See hinein. Weil wir im Gulf Stream of Mexico waren so hatten die
Wellen eine doppelte Force, doch hatten wir noch den Vortheil dabey daß weil die Currents
alle Nord Eastward zu gehn wir auch so gegen den Wind immer etwas mit hingetrieben
wurden. Im Schiffgen ging alles durch einander, und man konnte sich kaum in seinem
Pläzgen erhalten.
14.12.1746
Mittags waren wir in der Breite von 33 Grad 9 Min. krigten Süd West Wind und der Sturm
fing wieder mit großer Hefftigkeit an, und die See war fast noch unruhiger als vorhin.
Wir hatten etliche Mal sehr starken Plaz Regen, doch continuirte der Wind immer fort.
Abends fing es an am ganzen Horizont sehr stark zu blizzen und gegen 1 Uhr in der
Nacht krigten wir ein hefftiges Donner Wetter. Es blizte unaufhörlich an allen Seiten
daß man in der Lufft und im Waßer nichts als Feuer sahe; und oben auf unsrer Spizze
vom Mast sezte sich etliche Mal ein Feuer Sterngen und blieb eine ganze Weile stehen.
Dabey ging die See sehr hoch und brausete recht fürchterlich. Das dauerte biß den
andern Morgen um 4 Uhr da krigten wir West Nordwest Wind und bald darauf Calm doch
blieb die See sehr unruhig. Wir waren unserm Lämmlein kindlich überlaßen was es mit
uns machen wollte und es war uns doch bey aller Unruhe von außen das gemüthlichste
in seinen Armen zu schlafen, und seine seelige Creuz Lufft Vögelein zu seyn
15.12.1746
Unsre Loosung hieß:
Der Herr soll Herr über Euch seyn
wir wollen seine Diener seyn.
das war unser Willkommen beym ersten Blick den wir heute aufs feste Land von America
thaten. Wir sahen frühe um 8 Uhr die Cape Hattaras und umliegende Gegend an der Küste
von North Carolina und es war uns doch artig nach 61 Tagen einmal wieder Land zu sehn,
obsgleich unsere bestimmte Küste noch nicht war.
18.12.1746
Wir sahen Nachmittags Nordwest werts an der Virginischen Küste ein großes Schiff auf
uns zu seegeln es kam uns auch ziemlich nahe und unser Capitain vermuthete es würde
nach England gehen und wir hätten gerne gewünschet ein Briefgen mit schicken zu können.
Wir ließen auch unsre Flagge wehen, es antwortete uns aber nicht sondern änderte mit
dem Abend seinen Cours und seegelte wieder davon als wenn sichs gleich dem vorigen
vor uns gefürchtet hätte.
19.12.1746
Da sahen wir nun Cape Hinlopen und unsern Eingang in die Delaware vor uns und weil
der Wind nach dem Sturm sich wieder nach Südwesten zu kehren schien, so sezten wir
unsre Seegel wieder auf und machten uns zum Einlaufen fertig. Kaum aber waren die
Seegel wieder in Ordnung so kam der Sturm aus Nord Westen mit solcher Hefftigkeit
wieder daß wir uns kaum retten und unsre Seegel wieder einnehmen konnten. Die See
fing an sehr hoch und hefftig zu gehen schlug hinten in unsre Cabine herein und zeigte
sich uns wieder in ihrer ganzen Macht. Dabey war es so erstaunlich kalt und der Wind
tobte so hefftig daß wir recht Mitleiden haben mußten mit unsern Schiffs Leuten die
oben auf der Decke aushalten mußten. So hielt der Sturm den ganzen Tag und die folgende
ganze Nacht an, und das Schiff warf sich so gewaltig von einer Seite zur andern daß
wir Noth hatten uns nur in unsern Betten zu erhalten. Und weil der Sturm just daher
kam wo wir einlaufen sollten so trieben wir Südwest wieder zurück in die See hinein,
und überließen es unserm lieben Lämmlein ganz kindlich wenn seine Stunde kommen würde,
uns wo Er wollte an Land zu bringen. Wir sahen doch unter allem seine besondere Hand
über uns, und daß Er obgleich dieser Sturm manche Stunden noch hefftiger war als der
den wir auf der Küste von Carolina gehabt, unser Schiffgen bey der erstaunlichen Gewalt
des Windes und der Wellen vor manifesten Schaden bewahrte und uns alle gesund und
munter erhielt;
22.12.1746
Wir sahen ein Schiff das schon gestern im Sturm neben uns hingetrieben hatte und heute
ein Zeichen gab daß es mit uns sprechen wollte. Wir gingen daher näher darauf zu,
es sahe aber jämmerlich zerrißen und zerfezzet aus, beyde Masten waren gebrochen,
die vorderste Spizze am Bolt Sprit auch meistens weg, und es hatte seine beyden Boote
verlohren. Es kam von Londonderry in Ireland und wollte auch nach Philadelphia einlaufen,
war Nordlich gegangen und schon 3 Monat in See gewesen.
23.12.1746
Es regnete und schneyete gewaltig durch einander, und wir waren Nachmittags kaum noch
ein wenig hinein avanciret und hatten uns gegen Lewis Town vor Anker gelegt so fing
der Wind wiederum an sehr hefftig aus Nord Osten zu wehen und gegen die Nacht wurde
er wieder Nordwest so daß unser Capitain offt besorgte der Ancker möchte loß reißen
und wir wieder in die See zurückgetrieben werden. Aber was wir uns freueten da wir
nur so weit kamen daß wir unser liebes Pensylvanien vor uns sahen und in die Delaware
herein liefen, das können wir doch nicht ausdrücken. Wir waren just 13 Wochen von
London aus und 10 Wochen ganz in der See von Plymouth aus unterwegens gewesen und
zusammen von London an biß hieher 1460 teutsche Meilen geseegelt
26.12.1746
Heute sahen wir uns genöthiget von unserm Schiffgen, auf dem [wir] ohne einen Fuß
an Land zu sezen 13 Wochen und 1 Tag gewohnet hatten Abschied zu nehmen und den übrigen
Rest unsrer Pilgerschafft zu Lande zu prosequiren. Unser Lämmlein hatte uns nun biß
an den Mund der Delaware gebracht, und uns bey Sturm und Wind und allerhand mißlich
scheinenden Umständen 2 Tage lang vor Anker liegen laßen; nun aber war der River zugefroren
die Kälte nahm extraordinair zu, wir hatten beständig Nord Wind, die Provision im
Schiffe ging auch ziemlich zu Ende und der Capitain war besorgt sein Anker möchte
loßreißen und er würde in See getrieben werden und alsdenn nach Carolina gehen müßen;
die übrigen Passagier gingen auch vom Schiffe an Land und also resolvirten wir uns
auch im Nahmen des Lämmleins und mit einem kindlichen Herzen zu ihm es zu und die
bey jeziger Jahres Zeit und Umständen unmöglich scheinende Reise zu Lande nach Philadelphia
zu thun. Unserm Capitain that es wehe daß Er uns nicht biß an unsern gehörigen Ort
bringen konnte weil Er uns sehr lieb gewonnen; und auch unsre Schiffs Leute waren
recht betrübt darüber daß wir vom Schiffe gingen und es war als wenn sie halb den
Muth verlöhren. Wir sahens in der That daß alles auf dem Schiffe ein heimlich Gefühl
daran gehabt wer wir gewesen, und wir können auch nicht anders sagen als daß alle
unsre Schiffs Leute sich sehr freundlich dienstwillig und mehr als ordinair artig
gegen uns bewiesen haben, so wie es uns unser allerliebstes Papachen bey unserm Abschied
in London voraus gesagt.
28.12.1746
Wir machten uns also zusammen auf und gingen biß an die Creek um zu versuchen ob wir
nicht über das Eiß gehen könnten. Es war aber nicht mögl. zu wagen und wir mußten
uns resolviren immer an der Creek nacheinander hinauf zu gehen biß wir eine Passage
darüber oder oben herum finden könnten. Das war nun bey dem tiefen Schnee, rauhen
Lufft und unwegsamen Gegend vor unsre Schwestern und vor uns alle die wir das Sizzen
auf dem Schiff so lange gewohnet waren eine ziemliche Pilger Probe. Wir gingen etwa
1 1/3 Meile durch Schnee und Eiß und Büsche und kamen zu einem armseeligen ganz nach
Pensylvanischer Art eingerichteten Hause, und versuchten uns einen Weg über die Creek
zu machen, es war aber zu gefährlich daher nahmen wir den Mann zum Wegweiser und unser
Völkgen ging zieml. ermüdet fort. Der Schnee war sehr tief und wir hatten einen sehr
schlimmen Morast ein paar Englische Meilen breit zu passiren dergleichen es in Pensylvanien
sehr viele giebt
28.12.1746
die meisten von uns aber waren so ermüdet, und dazu so schlecht an Beinen gestiefelt
daß wir es nur pur aufs Lämmlein mußten ankommen laßen ob wir Lewistown erreichen
würden. Wir machten uns aber doch wieder auf den Weg, der Schnee war noch viel tiefer
als Vormittags, wir mußten über 6 biß 7 hohe Fencen mit großer Beschwerlichkeit steigen,
viele Moräste durchwaden, und so kam endlich die Nacht über uns.
28.12.1746
Es sahe aber Anfangs an allen Orten und Eken fast unmöglich aus; bey dem tiefen Schnee
und Eiß wars vor die Schwestern ganz unmöglich zu Fuße zu gehn, kein Wagen war im
ganzen Town anzutreffen, Niemand wollte uns Pferde vermiethen, und unser Geld war
auch so wenig daß wir bey jeziger Zeit, da alle Sachen hier im Lande 2, 3 mal so theuer
sind als sonsten uns nicht damit auf den Weg machen konnten.
29.12.1746
Wir vergnügten uns damit und fuhren frühe wiederum mit unserm Schlitten fort und die
Brüder folgten zu Fuße munter und frölich nach. Wir hatten gar keine Bahn und sehr
tiefen Schnee, kamen zu dem Hause wo wir die vorige Nacht hatten logiren sollen und
fanden sehr schlechte Leute vor daher wir dem Lämmlein für unser gehabtes Quartier
dankten. Wir sungen manch Pilger Versel und merkten unsers Lämmleins Nahe Seyn sehr
empfindlich, obswohl von außen ein bißel schwer ging.
31.12.1746
Wir hatten wiederum keinen Wegweiser und verirrten uns vom Wege, wurden es aber lange
nicht gewahr, endlich merckten wir wohl etwas an der Himmels Gegend weil wir nach
Süden zugingen da unsre Direction Nord seyn müßte und da kamen wir zu einem Hause
wo wir im Felde einen Mann antrafen der uns sagte daß wir auf der Straße nach Maryland
und über 5 Meilen aus unserm Wege waren. Er erbot sich uns durch einen nahen obwohl
sehr ungebahnten Weg wieder auf die Straße nach Dover zu bringen und ging auch 3 Meilen
vor uns her und wir folgten ihm mit unserm Schlitten nach auf einem Wege wo wir über
Büsche und Sträuche und Waßer und Anhöhen passiren mußten ohne allen Weg und Steg
daß wie wir durch waren wir alle stehen und erstaunen mußten wie es nur möglich gewesen
war daß der Heiland uns durchbringen können, und doch hatte Niemand den geringsten
Schaden genommen.
1.1.1747
Wir hatten einen Boten mit uns einen erweckten Mann der aus Liebe zu Uns 8 Meilen
mit uns ging. Er erzehlete uns manches von Whitfield der etwa 6 Wochen zuvor in dieser
Gegend gewesen und die Leute erschrecklich mit der Hölle und Verdammniß und Beten
und andern Sachen geplaget und, es sey nun aus Büßerstand oder in der That sich selbst
vor Christum ausgegeben, und daher die Leute gar sehr wieder sich aufgebracht; zumahl
Ers in allem mit den Presbyterianern hält die ihn in der Noth mit Gelde ausgeholffen.
Es sind in dieser ganzen Gegend überhaupt sehr viele unruhige und gerührte Leute die
nicht recht wißen wohin sie sich wenden sollen und der Mann der mit Uns ging sagte
uns daß es ihnen sehr lieb seyn würde wenn unsre Geschwister in diese Gegend kommen
und sie besuchen wollten.
2.1.1747
Wir gingen Vormittags 14 Meilen und kamen Mittags zu einem Plaz Nahmens Duke Creek
wo wir bey recht hübschen Leuten logirten. Sie erzehlten uns daß jederman in Philadelphia
glaube daß unser Schiff entweder genommen oder in der See verlohren gegangen sey,
und man fast alle Hoffnung aufgegeben daß wir noch ankommen würden, daher wir uns
auch leicht vorstellen konnten daß unsre Geschwister manche sorgliche Gedancken unserthalben
würden gehabt haben.
2.1.1747
Diese ganze Nacht hatte es geglatteiset, und der Schnee war zu Frühe allenthalben
mit einer Rinde eines halben Fingers Dicke überzogen und nirgends einige Bahn gebrochen.
Und dis Wetter continuirte auch heute den ganzen Tag wir machten uns aber doch auf
den Weg, obschon das Eiß unsre Schuhe entzwey schnitte und wir Gefahr stunden unsre
Füße zu verwunden. Der Weg war sehr bergicht und beschwerlich unsre Kleider wurden
ganz mit Eiß überzogen und wir sahen halb geharnischt aus, mußten dazu manche Waßer
passiren die unsre Pferde ermüdeten daher wir wegen des gar zu schlimmen Wetters uns
resolviren mußten in Cantwells Bridge dahin wir zu Mittage kamen den ganzen Nachmittag
und die Nacht liegen zu bleiben.
3.1.1747
Wir machten uns frühe bey sehr strenger Kälte recht vergnügt und munter auf, passirten
Derby und kamen gegen Mittag biß an die Schulkill wo wir etliche Stunden warten mußten
ehe wir über die Fähre kommen konnten. Wir kamen aber glücklich hinüber und wurden
Mittags zwischen 1-2 Uhr Philadelphia ansichtig [...] nachdem wir von London aus 14
Wochen und 4 Tage unterwegens gewesen waren. Wir waren die ersten die die Nachricht
von der Ankunfft unsers Schiffs in die Stadt brachten weil noch Niemand von den andern
Passagierern denen wir Briefe mitgegeben hatten, angekommen war. [...] Wir logirten
denn Theils im Gemein Hause, theils bey Br. Evans und Brokdon, ich schrieb einen Brief
an Br. Spangenberg und meldete ihm unsre glückliche Ankunfft und Br. Reuz ritte noch
heute Nacht fort hinauf nach Bethlehem um die Nachricht von unsrer Ankunfft zu überbringen
und wir resolvirten uns biß zu seiner Retour hier in Philadelphia zu bleiben und ein
klein wenig von unsrer Pilgerschafft wieder auszuruhen biß wir vollends unser liebes
Bethlehem zu sehen kriegen
6.1.1747
Diese Nacht hatten wir sehr starken Wind und Thau Wetter bekommen und wegen des Waßers
und aufgehenden Schnees einen sehr beschwerlichen Weg. Wir zogen fort so gut wir konnten,
Mittags aber wurde die Esther krank und weil sie nicht im Stande war fortzukommen
so blieb ich und meine Frau bey ihr 10 Meilen von Bethlehem und schikten unsre übrige
Gesellschaft mit Br. Pyrlaeo voraus die auch nachdem sie noch manche schlimme Waßer
passiret gegen Abend alle wohl und glücklich in Bethlehem ankamen, und mit Freuden
empfangen wurden, und sich bey der Neu Jahrs Wache die sie nach altem Styl jezo hielten,
mit divertirten.
11.1.1747
wir passirten den großen Berg vor Bethlehem recht gücklich und unsre Herzen fühlten
doch was ganz besonders da wir Bethlehem zu sehn krigten nachdem wir von London aus
15 Wochen 3 Tage unterwegens gewesen.
12.1.1747