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               Autor: Philipp Dürbaum↬
                  
Titel: Phil. Dürbaums Reise-Diarium von London nach New York. 1749.
Vorlage: 
               Unitätsarchiv Herrnhut↬
                  , R.14.A.35.10b
               Status: Ersttranskription ist erfolgt
Urheber:in Ersttranskription: Emily Berger
Urheber:in Kollation (Zweittranskription): N.N.
                     
Den 2.ten stund der Wind noch so, nemℓ. meist O. Des Morgens fuhren wir den
                     
Sorlingischen Insuln vorbey (wie sie die Holländer nennen, oder nach Engℓr
                     
Sprachs Sälly. Es gieng heute schon ein ziemlich Stück in Spanische
                     
See. Wir seegelten alle Stunden 7. deutsche Meilen.
                     
                     
Den 3ten war der Wind noch O. aber nicht mehr so stark, wir fuhren diesen Tag
                     
etwa 23. d. Meilen, wir waren schon vom Promontorio Lizart angerechnet
                     
im 3.ten Grad: Long: Biß hieher hat das gute beständige Wetter gewähret
                     
aber nun haben wir auch nichts anders als variables gehabt,
                     
                     
denn den 4.ten früh um 7. Uhr Vollmond u. mit demselben veränderte sich auch
                     
der Wind, gegen Mittag wendete sich der Wind nach Süd u. war sehr stark
                     
daß wir die Stunde bey 2. deut. Meilen fuhren. Um Mitternacht gieng er nach
                     
S.W. u. gleich auch nach W. u. N. Die meisten von unsern Geschwistern
                     
wurden See-kranck. Diese Nacht waren wir in Furcht, daß unsere Waßer
                     
u. Bier Fäßer los gehen würden u. also im Raum unten, wo die Geschwister
                     
schlafen viele Unordnung machen; es gieng aber glückℓ. vorbey, außer daß
                     
Die armen Schwestern sehr erschraken, da ihnen durch die hefftige Erschütterung
                     
u: Anstoßen der Wellen ihre Bettstellen einbrachen.
                     
                     
Den 5.ten früh war der Wind N.O. u. O. daß er also diese Nacht meist den gantzen
                     
Compass umlief. Heute wars etwas gelinder als den vorigen Tag u. die Bewegung nicht
                     so sensible.
                     
                     
Den 6.ten war wenig Wind er kam von N.N.W. die Geschwister bestanden sich
                     
etwas beßer, außer daß unser L. Cap: Garrison diese Tage über meist Bettlägrig war an einem Fieber. Heute rechneten unsere Leute
                     aus wie weit
                     
wir seit 8. Tagen, da Br. Kohn u. Jorde von uns nach London retournirten
                     
u. da wir Dovre passirten, avancirt wären u. sie fanden daß es 200 deutsche
                     
Meil. aus trüge.  Wir waren auch biß anhero so glückℓ. daß wir nie unsern Course
                     
verändern durften. Wir machten uns daher die süße Hoffnung wenn uns das
                     
Lämmlein wie bißher so guten Wind fortschencken würde in 4. Wochen nicht
                     
weit von der Amerianische Küste zu seyn.
                     
                     
Vom 7ten 11 war der Wind sehr variable und meistens Aprill-Wetter.
                     
                     
Den 9.ten waren wir unterm 45. Grad. Lat: u. 16. Long: es wehete sehr heftig.
                     
Unser L. Herzen Nitschmanns erinnerten sich heute mit zärtℓ.em Gefühl
                     
des vor 10 Jahren in Jena gehaltenen Sejours, da ihr Lieber Josua auf die
                     
Welt kam. Frühe [?] sungen einge unter Music diesem lieben Kind
                     
manche artige Versgen, u. des Nachmittags celebrirte eine kleine Gesellschafft in
                     der Cajute seinen Geburtstag mit einem Liebes Mahl wobey
                     
manche artige Particularia von den Jenischen Umständen mit vorkamen.
                     
                     
Den 10.ten war unseres L. Herzels Jorde Geburts Tag. Einige ihm wohl bekante Herzel erinnerten sich dessen in aller Früh
                     mit einem zarten Liebs-
                     
Gefühle u. einer Music wobey ihm einige gantz besondere Versel gesungen
                     
wurden.
                     
                     
Den 11.ten Wehet es sehr hefftig aus N.W. u. gegen Abend hatten wir etwas
                     
stürmisch Wetter, doch gieng es noch gnädig ab, außer daß unsere Schwestern
                     
durch eine ziemlich große Welle die herein schlug u. wovon viel Waßer unten in
                     
den Raum kam, sehr in Furcht gesetzt worden, u. eine unter Ihnen dachte,
                     
wir wären schon untergegangen. Es kam von derselben auch etwas in die
                     
Cajute. Unsere Leute sagten wir wären den Azorischen Eilanden gegen über
                     
wenigstens auf der Höhe, obgleich weiter gegen Norden, und da wäre es was
                     
Ungewöhnliches ohne harten Sturme davon zu kommen. Wir waren unterm 
                     
46. Grad. Lat: Heute begieng unser Liebes Hertz Samuel Krause seinen Geburtstag. Es wurden ihm frühe deßwegen einige Versel gesungen
                     
u. abmusicirt, die ein Bruder auf ihn componirt.
                     
                     
Den 12.ten - 16 War der Wind variable u. uns contrair sonderℓ. der von
                     
S.W. daher wir sehr weit gegen Norden getrieben worden; unsere Leute
                     
sagten vielmahl das wäre ein guter Wind nach Straa-David. Wir waren
                     
unterm 48. Grad. Lat:. 2 Nächte Hatten wir recht hartes Wetter, das einem
                     
Sturm nicht viel unähnlich sahe, wir waren auch einmahl in der Nacht sehr
                     
besorgt wir möchten auf Klippen stoßen bey einer Insul, die die Holländer
                     
auf ihren See-Karten abgezeichnet haben, die Engelländer aber nicht.
                     
                     
Abends d. 16.ten in der Singstunde, die Samuel Krause hielte, wurde erinnert daß die Geschwister mit dem Wasser ein wenig sparsamer umgehen
                     möchten, als bißher geschehen; weil man nicht wißen könte, wie lange
                     
unsere Reise andauren dörfte, u. der Wasser-Mangel eine nicht geringe
                     
Noth unter uns bringen könte. Zu dem Ende würden die Brr. Christian
                     
David u. Stoll zu Inspecteurs darüber gesetzet.
                     
                     
Den 17.t Früh um 1. Uhr hatten wir ein hartes Donner-Wetter und unsere Leute
                     
waren sehr in Sorgen, es möchte ein harter Sturm entstehen, daher sie alle Seegel
                     einnahmen; und wenn wir auch weiter gegen Süden gewesen wären, sagten sie, solten
                     wir es wohl mehr zu fühlen gekriegt haben; so aber habe uns
                     
nur ein Strich davon betroffen u. erreicht. Gegen Abend wurde es
                     
stille u. der N.O. Wind fieng gelinde an zu wehen, daß wir alle gute Hoffnung
                     
hatten unsern gewünschten N.O. Wind zu bekommen, er blieb aber nicht lange
                     
stehen; sondern wendete sich gleich nach N.W. doch war uns dieser dießmahl
                     
nicht so gar Contrair, weil wir mehr Südℓ mußten
                     
                     
Den 18 u. 19.ten war der Wind meist S.W. u uns also Contrair u. ob wir gleich
                     
bey dem Neuen Licht, so den 18.ten einfiel auf guten Wind hofften weil gemeinigℓ. da
                     
eine Veränderung vorgehet, so schlug unsere Hoffnung doch fehl.
                     
                     
Den 20. u. 21.ten Hatten wir einen harten Sturm von S:W: der uns
                     
ziemlich wieder zurück trieb, wir konten nichts kochen, weil wir kein
                     
Feuer
                     
machen konten. Wir mußten beylegen u: da haben wir zum ersten Mahl gesehen wie
                     
unsere Irene sich so artig mit den Wellen conduisirt hat, denn wenn man dachte
                     
nun würde eine Sie bedecken, so sprang sie wie eine Ente auf dieselbe u. so
                     
giengen die meisten unter ihr weg. Dieser Sturm hub sich just an am Tage
                     
des Aquinoctio, um welche Zeit meistens man Stürme zu gewarten hat
                     
das uns auch unser L: Dav: Nitsch: noch in Gravesande sagte: Daß uns
                     
beym Aquinoctio doch Tag u. Nacht ein gleichen, u. vom Horizont der
                     
Lamms-Gemein man dennoch den klaren Sonnen-Schein der Pleurӕ
                     
niemahls weichen siehet. Das erfreute uns doch mitten in diesen stürmischen Umständen.
                     
                     
Den 22.ten früh als am Sabbath legte sich der Sturm u. der Wind wurde N.W. mit
                     
dem wir wieder fortgehen konten, u. wenigstens unsere Stelle wieder occupiren
                     
die wir vor dem Sturm hatten. Vormittag sahen wir ein Engℓ. Schiff uns vorbey seegeln,
                     das seinen Cours nach Engelland nahm, u. vermuthℓ wie unsere Leute wehnten von Neuyorck
                     kam. Es grüßte uns erstlich mit seiner Flagge
                     
u. dann steckten wir unsere auch aus. Gegen Abend war der Wind W. u uns
                     
also nicht gut 
                     
                     
u. so war es auch den 23.ten 
                     
                     
aber den 24.ten war es wieder N.W. u. uns dießmahl ziemlich gut,
                     
weil uns aber die Wellen noch sehr entgegen kamen konte unsere Irene nicht
                     
so geschwind avanciren.
                     
                     
Den 25.ten Gieng es etwas Beßer. Heute früh am Tag u. gegen Mittag sahen
                     
wir wieder 2. Schiffe uns vorbey seegeln, dem letzten gaben wir zu verstehen, daß
                     
wir gerne mit ihnen sprechen möchten u. es kam uns sehr nahe, daß wir es thun
                     
konten. Es war ein Frantzösisches, so von Martinique kam und nach Nantes in Frankreich
                     zurück kehrte. Es fragte uns um gute neue Zeitungen u.
                     
wir sagten ihnen: Es war in Europa wieder Friede u. so nahm es Höflichen
                     
Abschied von uns. Heute erinerte sich das gantze See-Gemeinlein recht
                     
gefühlig an das Heutige Fest aller Chöre, so in den Gemeinen gefeyert wird, doch
                     
mit einem geheimen Sehnen, u. wären gern zu mahl auf dem Brüder-Saal
                     
bey dem Abend Mahl gewesen, das wir nun entbehren und fasten mußten, welches nicht
                     ohne Schmerzen u. Verlangen, Bald am Strande gegen über es auch
                     
wieder zu halten abgienge. Wir waren untern 43. grad. Lat:
                     
                     
Den 26. u. 27.ten War der Wind noch immer Contrair doch nicht stark
                     
mehr. Unsere Leute rechneten aus wie weit wir nun von Engelland waren
                     
und fanden daß es der halbe Weg nach America sey, welches doch einem etwas
                     
besonders deuchte bey den vielen contrairen Winden.
                     
                     
Den 28.ten Früh um 3 Uhr änderte sich der Wind u. wurde N.O. u. gegen Tag
                     
fieng es recht an zu blasen, daß wir diesen Tag die Stunde meistens 2. deut.
                     
Meilen seegelten. Alles wurde auf dem Schiff darüber erfreut u. munter,
                     
und einige unter uns hatten die angenehme Vorstellung u. Hoffnung,
                     
daß wenn es 8. Tage so stehen bliebe, noch auf Ostern in America zu seyn,
                     
Weil wir gerne wieder einmahl die Feyertage zu Lande feyern möchten, da
                     
wir die Weyhnachten schon auf der See hingebracht. Wir sahen heute u. Gestern
                     
wieder Schiffe uns vorbeyseegeln, da einem allemahl ganz artig ist, daß man
                     
noch Menschen außer uns gewahr wird. Unsere Schiffs Leute observirten
                     
Heute einen starken Ring um die Sonne u. [aminierten] nicht viel Gutes
                     
daraus, welches wir auch noch diese Nacht erfahren; denn es erhub sich ein
                     
Sturm der von N.O. anfieng u. herum nach S.W. lief, so stark
                     
als wir noch keinen hatten u.
                     
                     
d. 29.ten Continuirte er so u. währete biß Mitwoch d. 2.ten April. Die Loosung war artig: Welche der Herr Lieb hat, die strafet u: züchtiget er: da klebt
                        
mein Sündermündelein u: wäre [gern] versengte. Die Wellen bombardirten unsere Irene mit einer solchen Wucht, daß man dachte sie
                     wolten
                     
sie in den Abgrund versencken. Es war wirkℓ einem nicht anders zu
                     
Muthe als hätte der Fürst der Finsterniß sein gantzes höllisches Heer
                     
aufgeboten sich diesem Häuflein entgegen zu setzen. 2. starke Wellen
                     
schlugen an die Cajute an, nicht anders als ob sie sie in Stücken zerschlagen
                     
wolten. Die Eine schlug beym obersten kleinen Cajuten Fenster herein,
                     
zerbrach es, wie leicht zu erachten, in viele Stückgen; u. schoß da wie ein aufgehaltener
                     Strohm herein, daß man hernach das Wasser mit Eymern hinaus
                     
tragen mußte. Unser L. Joh: Nitschm. u. seine Jule saßen just dagegegen über u. der volle Strohm schoß auf sie zu, daß sie wie im Waßer
                     schwummen. Gleich nach diesen kam noch eine weit stärkere u. größere von
                     
der Seite des Schiffs, u. bedeckte das Selbe gantz u. verursachte eine solche
                     
Erschütterung, daß alles sowohl bey den Brüdern als Schwestern durcheinander fuhr, u. es war eine gnädige Bewahrung unsers Aeltesten und
                     
seiner Trabanten der H. Engel, daß bey dem Untereinanderfahren der
                     
Coffer u. Küsten, doch keinem von unsen Geschwistern einiger Schaden zugefügt worden, außer daß sie viel Wasser in ihre Bette u. Lagerstätte
                     kriegten
                     
wovor wir Ihnen herzℓ. danckten u. auch davor, daß keinem von unsern
                     
Schiffs Leuten auf der Decke was begegnet; denn die bey den Steuer-
                     
Leute Schoute u. Erhard kamen knapp davon daß sie nicht über
                     
Boord geworfen wurden. An unserer Irene geschahen dießmahl weiter
                     
kein Schade, als daß ein Brett am Rand oben über der Cajute davon eingeschmißen worden.
                     Das Loch wo die Brüder aus ihrem Saal auf und
                     
abstiegen wurde auch veste zu gemacht (denn ein vorz. Sturm wars ofen) u. von
                     
Joh. Nitsch: den Brüdern untersagt, daß keiner sich auf die Decke hinauswagen solte. Es währete so die gantze
                     Nacht hindurch.
                     
                     
Den 30.ten als am Palm-Sonntag war der Sturm etwas gelindert und mit
                     
Regen vermischt, welcher die hohen Wellen etwas dämpfte.
                     
                     
Aber am 31.ten fieng er wieder heftiger an u. der Wind war dabey so veränderlich
                     
daß er bald S.W. bald N.W. lief. Das erregte eine solche Confusion unter den Wellen,
                     daß sie ordentlich wie zu Felde gegeneinander
                     
lagen u. stritten welche unter ihnen die Oberhand über die andre
                     
bekommen solte; da sahe es um unsere Irene sehr Confus,
                     
stürmisch u. gefährlich aus, u. ohnerachtet sie sich mit den Wellen so betragen konte,
                     daß ich noch kein dergleich Schiff so gesehen, das auf den Wellen wie eine Ente herum
                     schwimt; so kamen um Mitternacht 2. dergleichen
                     
große Wellen gleichsam wie in einer Bataille so hintereinander u. thürmten
                     
sich wie Berge gegen einander auf, u. dann schlugen sie mit eins von fornen
                     
wo die Ancker festgemacht sind, mit einer solchen fune u. force herein daß
                     
man nicht anders dachte als solten sie das Schiff in Trümmern zerschlagen.
                     
Haben wir nun bey den Wellen, so am Sonnabend herein geschlagen, gemacht
                     
daß sie heftig wären; so waren sie doch gegen dieser nichts zu rechnen. Alles 
                     
im Schiff flog untereinander es mochte noch so vestgemacht seyn, viel ärger als
                     
jemahlen, so wohl in der Cajute als unten im Raum u. unter der Decke.
                     
Bey den Brüdern brach die Bettstelle auch ein auf der Seite wo Schoute
                     
seine Cabine hat. Die Brüder brachten die gantze Nacht zu alles wieder
                     
in Ordnung zu bringen u. veste zu machen. Und es war eine nicht geringe
                     
Vorsichtigkeit, daß die Nacht-Wache wohl 3. fach besetzt wurde, so wohl von
                     
Männern als Led: Brüdern, damit sie im Falle der Noth gleich bey der Hand
                     
seyn konten; sonderℓ. daß die Männer denen Schwestern zu Hülfe kommen
                     
konten.
                     
Hatten wir nun Ursach gehabt vor die vorherige Treue u. Bewahrung dem
                     
Lämmlein u. seinen H. Restgefehrten u. Schaaren zu dancken; so hatten wir
                     
sie dieses Mahl noch mehr: denn außer der Confusion, die die Wellen inwendig im Schiff
                     verursacht; so hat sie auch von außen auf der Decke
                     
weiter keinen Schaden unserer Irene gethan; als daß sie unsere Küche
                     
u. Schornstein biß an den hintersten Mast rückte, (den man aber bald wieder
                     
an ihre Stelle setzen konte) und die langen Seiten Bretter, so in der
                     
Länge des Schiffs hingiengen, auf beyden Seiten gleich einschlug und
                     
sie über Boord nahm, u. das war gut, denn damit schoß das Waßer
                     
auf beyden Seiten des Schiffs wie ein aufhaltener Strohm wieder ab, und
                     
unsere Irene konte sich wieder erholen. Über das so war es auch gut
                     
daß sie von forne herein schlug u. aus dem großen Ancker den sie auch von
                     
der Stelle rückte, ihre meiste force abstieß, denn wäre sie von der
                     
Seite des Schiffs gekommen so hätte sie (nach Aussage Br. Garrisons) gewiß
                     
die beyden Boote mithin weggenommen u. dadurch die Decke daran
                     
sie vestgemacht werden, mit aufgerißen. Wie hoch das Wasser die Wellen über
                     
das Schiff herein geschlagen, werden diejenigen begreiffen, die wißen wie
                     
hoch der große Rae am mittelsten Mast stehet, denn über diesen
                     
schlug sie gegen der Küche u. Cajute zu; Garrison stunde eben drauf
                     
auf der Decke beym Compass, der ist wie leicht zu erachten so naß geworden
                     
daß kein trockner Fach an ihm war daher ists auch Leicht zu begreifen
                     
warum so viel Waßer hinunter zu den Schwestern gekommen; daß sie
                     
zum Theil wie in ihren Bettstellen schwummen; denn das Waßer schoß oben
                     
durch den Schornstein herunter wie ein Strohm. Bey den Matrosen
                     
war es noch schlimmer: denn deren ihre Betten waren gantz unter Wasser u. sie
                     
dachten gar die Decke wäre eingeschlag u. hatten genug zu thun biß sie
                     
das Wasser mit Eymern wieder hinaus gebracht. Unser L. Capitain u. Steuer-Leute waren gewiß nicht wenig verlegen: und hieltens
                     
vor ein nicht geringes Wunder daß unserer Irene kein größerer Schaden
                     
dadurch zugefüget worden: denn Garrison sagtes, So eine Welle wäre
                     
im Stand das gantze Schiff zu zerschlagen, u. er wüßte sich nicht zu be-
                     
daß er jemahls so eine auf sein Schiff bekommen.
                     
[?]
                     
                     
Den 1.ten war der Sturm Vormittag wieder etwas gelinder u. mit Regen
                     
vermischt: Des Nachmittags aber um 4. Uhr kam er von S.W. noch heftger als er je gewesen,
                     u. man dachte würkℓ. nicht anders als solte alles
                     
zu Trümmern gehen. Garrison sagte auch: er wäre nun schon so etℓ.e 30 Jahr zur
                     
See gefahren, aber so hoch hätte er die See niemahls gesehen. Der Mond schiene
                     
hell u. wenn man die See ansahe, so war sie so weiß wie der Schnee von dem
                     
Rauschen und Zusammenschlagen der Wellen. Ich habe auf der gantzen Reise an
                     
unserer Irene kein solches zittern, erschüttern u. beben wahrgenommen als in dieser
                     Nacht, da sie sich so durch die Wellen hindurch arbeitete u. gleichsam auf
                     
allen Seiten gedränget war. Wir hatten beygelegt nichts desto weniger würden
                     
wir von den Wellen ein großes Stück zurück geschlagen. Das war aber
                     
auch die letzte schwere u. harte Nacht vor dieses Mahl, gegen 4. Uhr legte er
                     
sich [nu] etwas: daurte aber doch noch
                     
                     
Den 2.ten April biß gegen Abend, und weil der Wind N.W. war, so konten
                     
wir doch die Nacht wieder etwas seegeln. Wie uns allen ins gesamt
                     
in diesen Umständen zu muthe gewesen, können die Geschwister beichtlich machen.
                     
Im Grunde konte man es wohl nicht faßen u. begreiffen, daß dieses Seegemeinlein seine Grabstätte auf diesem großen Welt Meer finden
                     
solte; doch wußte man nicht warum ein solch heftiges Stürmen so lange währen
                     
u. wir wieder so weit zurück geworfen werden solten. Daher auch unserm Capitain u. Steuer Leuten einfiel, daß der Fürst in der Luft sein Heer
                     
aufgeboten hätte diesem Häuflein sich zu wiedersetzen weil es seinem Reich
                     
eben keinen Nutzen schaffen würde; Sie sprachen darneben von einer Gegend da
                     
ehmahls Land u. Leute gewesen, das aber untergegangen u. um die Gegend
                     
sollen sich fast allemahl solche Stürme ereignen. Wir haben von Herzen
                     
gesungen: Breit aus die Flügelein Beyde; u. laß die Engelein singen sie sollen
                     
unverletzet seyn.
                     
                     
Den 3.ten Apr: War der Wind nach N.W. u. wir haben heut wieder was eingeholt
                     
was wir in Stürmen eingebüßt. Wir sahen auch heute wieder ein Schiff uns
                     
entgegen kommen, das vermuthℓ. nach Madera gegangen wie unser Schiffs Leute
                     
sagten. Des Abends weil es just Gründonnerstag war hielte unser L.
                     
Herz: Nitsch: wied. Liturgie u. Singstunde. O! das schmeckte uns wieder
                     
köstℓ. u. wir waren alle vergnügt u. danckbar daß wir dieser Gelegenheit
                     
wieder in ziemlicher Ruhe u. Stille beywohnen konten.
                     
                     
Den 4.ten April, als an unserem allerliebsten Seitenhölchens-Feste, das die incomparable schöne
                     Loosung hatte: Ich sage zu Gott meinem Fels: Seiten-
                     
Hölchen du bist mein, erfreute uns unser Gott Seitenhöhlen, (denn das ist
                     
die naturellste Explication) gleich in allerfrüh mit einem schönen u.
                     
ziemlich starken N.O. Wind mit dem unsere Irene dergestalt davon
                     
flog daß es eine Lust anzusehen war u. das continuirte so ziemlich egal 
                     
biß abends da es ein wenig stiller Wurde.
                     
Aber noch weit mehr hat unser Allerliebstes Seitenhölchen uns erquickt
                     
und unter Seinen heiter gemacht da wir von unserm th. Herzen Joh.
                     
N: die erfreuliche Nachricht kriegten, daß es sich gefallen laßen uns an-
                     
Heute auf seinem Fest gantz besonders zu regaliren, zu küßen, zu umarmen und uns aus
                     seiner tiefsten Herzgruft zu speißen und
                     
zu träncken. Was das bey allen unsern Schiffs Herzeln vor eine unvermuthette, angenehme
                     u. seelige Metamorphosins u, Veränderung
                     
verusrsachte, können unsere Herzel in Europa, die sich darin logirt
                     
haben, leicht erachten. Doch da die bloße Nachricht schon eine solche
                     
Freude u. Erquickung war; So war es freylich uns noch viel gefälliger,
                     
herzerwärmender u. ein [?], da es uns gantz in seine Arme
                     
u. in seinen Schooß nahm u. uns ehelich durchgieng, davon, wie bekant, zu keiner Zeit
                     tüchtige u. würdige Expressionen ausgestunden
                     
werden können, u. also müßen auch wir solches der eigenen Erfahrung
                     
u. Gefühle überlaßen.
                     
                     
Es fing sich dieses Mahl nachmittags um 2. Uhr an, u. daurte biß
                     
gegen Abend, und wir merkten als was Besonders dabey an, daß, da der
                     
Wind vormittags so stark bließ, daß man dachte, er würde schwerlich verstatten, uns
                     dieses seelige Mahl in Stille u. Ruhe zu halten,
                     
er just um dieße Zeit etwas gelinder wurde, daß alles dabey in der
                     
schönsten Ordnung zugieng.
                     
Unser L. Herz Joh: N. redete zu Anfang etwas weniges über die ungemein schön einpassende Loos: u. erinnerte:
                     daß wir nun um so
                     
mehr Ursache hätten unsers allerliebsten Seitenhölchens-Fest, aus
                     
welchem wir gehauen u. gegraben worden mit einem Mahl der Wunden zu celebriren, nachdem
                     das Lämmlein uns vor ein paar Tagen aus etwas gefährlichen
                     
Umständen u. Stürmen geholfen; und weil es wohl das erstemahl sey, daß sich
                     
just auf dieses Fest ein Gemeinlein auf der See befindet, so seye es billig,
                     
daß es dasselbe auch auf diesem Welt Meer begehe. Und weil unserm L. Br.
                     
Andreas Schoute als ober Steuermann ein solches Mahl schon in London zugedacht u. es ihm biß auf
                     die See aufgehoben u. gewaret worden; So soll er also
                     
heute die Gnade u. das Glück haben, das erstemahl bey Begehung des ersten
                     
Seiten-Hölchens-Fest auf der See, mit dem Volck des Lämmleins den Marter Leichnam
                     zu eßen u. sein Blut zu trinken, dadurch er noch mehr u. gantz in die Gemeinschaft
                     mit seiner Sünder Gemeine gebracht u. das als ein Besonders Siegel
                     
auf sein Herz bekommen u. hinwegtragen soll.
                     
Hierauf geschahe die allgemeine Absol: unter dem gewöhnℓ.en Verse: Herr Jesu
                     
sey uns selber nah p – in dem Gesicht der Engel p das wir von gantzem Herzen sungen, unter der angenehmen Vorstellung; wie sich diese
                     seelige Frohedienerlein in diesen Tagen so geschäftigt um unsere Irene herum bewiesten
                     
haben u. noch beweisen, u. sich an jetzo mit uns freuen werden. Wobey wir
                     
ihnen vor ihre Treue u. sorgfältige Wache von Herzen dankbar waren.
                     
Nach diesem wurde unser L. Br Schoute von Joh: Nitsch: mit Handauflegung eingesegnet, unter dem Verse O Jesu Christ erhöre uns p schließ
                     
ihn ins Seiten-Hölchen ein, mit deiner gantzen Blutgemeine.
                     
Nach dieser Einsegnung geschahe die Con[sev]ation des Brods u. Weins unter
                     
den gewöhnℓ. Versen, u. Joh: N. theilte das Brod u. Wein aus; Bey den Brüdern unter der Diaconie Joh: Müllers als Schiffs-Aeltesten; Bey den Schwestern unter der Diaconie der Schwester Phoebe als Schiffs-Aeltestin.
                     
Es gieng alles so stille, ordentℓ. u. angenehm zu daß wir dem Lämlein davor
                     
zu danken Ursach hatten. Unsere Herzen wurden aufs Neue aufgelobt
                     
und unsere Seinen heiter, und wir spürten wo wir hingesunken waren bey des
                     
Hölchens offen bahren. Das Lämmlein erfülle hierbey den Wunsch so wohl unsers
                     
Th. Papas auf dem Sabbath-Liebesmahl vor Gravesande: immer aus
                     
dem Marter Leichnam heraus u. wieder ´nein zu schwitzen; als auch unsers L. Herzen
                     N. daß wir so niedlich, blutig, seeliglich, so Seiten Hölchens-
                        
Haftiglich nach America komen möchten, wovon wir bereits die Grentzen
                     
auf der See passirt waren, als wir dieses Fest begiengen.
                     
Zum Beschluß dieses seeligen, einnigen und gefühligen Festins wurde noch
                     
3. Mahl angestimmt: Ehre dem Seiten Maal! Welches doch ungemein
                     
Herz hinreissend u. angenehm auf unserer Irene klung. Wie alles zu Ende
                     
war, dann wurde unser Lieber Br Schoute noch was rechts zerküßt, denn wir
                     
freuten uns alle über die Gnade so an ihm geschehen. Die Nacht hindurch
                     
Hatten wir von außen ziemlich still Wetter, aber die innere seelige Ruhe
                     
u. Freude u. der sanfte Schlaff gieng doch über alles.
                     
                     
Den 5.ten April als am großen Sabbath war wenig Wind u. es schien als
                     
solten wir heute auch den großen Sabbath säbst in der Stille zu bringen,
                     
und das geschahe den Nachmittag auch würklich mit einem Liebes Mahl
                     
von Pfeffer Kuchen und Thee. Gegen Abend war starker West-Wind.
                     
                     
Den 6ten früh als am Ostertage bey der Sonnen-Aufgang stimmten unsere
                     
Musici dem auferstandenen Heiland auf der Decke manche Verselein
                     
an; dabey wir uns sonderlich unserer entschlossenen Geschwister auf der
                     
See erinnerten. Der Wind war N.W. drehete sich aber wieder gegen
                     
Westen u. wir giengen meist Sud:
                     
                     
Den 7.ten als am Ostermontag war es ziemlich schön Wetter aber noch immer
                     
contrairer Wind von W. u. wir waren schon unterm 38. Grad Lat:
                     
wir avancirten sehr wenig. Weil es schön Wetter war; so wurde es so
                     
wohl bey den Brüdern als bey den Schwester wieder ein wenig rein gemacht
                     
u: aus geputzt u. die naßgewordene Sachen ein wenig getrocknet.
                     
                     
Den 8.ten da die ungemein schöne Loosung war: Ehre dem Seitenmaal
                     
war es Vormittag sehr still u. schön Wetter, gegen Mittag aber bließ der
                     
Wind von S: sehr stark, der uns dießmahl sehr gut war, u. gegen Abend
                     
wendete er sich gar nach S:O: u. blieb so die Nacht stehen, daß wir also
                     
wieder ein ziemlich Fleck fort kamen.
                     
                     
Den 9.ten war es wieder was stürmisch u. gegen Mittag bekamen wir unsern alten S:W: Wind wieder,
                     der uns in unserm Course eben nicht
                     
der beste ist, doch avancirten wir von gestern Mittag ziemlich u. waren
                     
Heute beynahe schon wieder unterm 39. Grad Lat: Unsere Schwestern hatten
                     
eine artige Litargie unter sich, in welcher sie sungen: von dem anhaltenden West Wind
                     erlöß uns L. Herre Gott; mit einem guten Ost-
                     
Wind erfreu uns Lieber Herre Gott.
                     
                     
Vom 10ten – 16.ten War der Wind mit W. d. S.W. u. dann hatten wir auch
                     
3 Tage calm; den 15ten daß wir also in diesen Tagen nicht vom Fleck kamen.
                     
                     
Den 15ten abends in der Singstunde sang N. das Versgen: Es geh uns allen wohl
                     
in Jesu Seitenhohl in Europa drüben p u. erinnerte dabey, daß da wir anjetzo
                     
so lange contrairen Wind hätten, veilleicht der Heil: um unsert Willen Ursache
                     
da zu haben möchte, um noch an uns abzuschweifen das ihm nicht gefallen, wir
                     
hätten also darauf zu sehen, daß kein Zäserlein an uns seye, das Ihn nicht erfreuen
                     solte, u. daß wir so die Americanische Küste u. Land betretten möchten.
                     
                     
Den 16.ten War der West Wind sehr stark u. in der Nacht wurde gar ein Sturm
                     
daraus, der
                     
                     
d. 17.ten von S.W. wieder den gantzen Tag anhielte u. uns nicht wenig zurück
                     
trieb, die gestrige u. heutige Loos: paßte ungemein auf uns, u. kam mit dem
                     
Gefühl meist aller unserer Schiffs Geschwister überein, die es sich sonderlich applicirten.
                     
                     
Den 18.ten gegen Morgen legte sich der Sturm u. war calm wenig Wind er bließ
                     
wohl etwas von Ost aber nicht stark u. gieng gleich wieder nach S.W. In der Nacht
                     
aber sonderℓ
                     
                     
Den 19ten früh erhub sich wieder ein Sturm von S.W. der weit stärker u. 
                     
heftiger war als der am 17.ten u. währete wieder den gantzen Tag, gegen Abend
                     
war der Wind W. u. N.W. u. da legte er sich wieder etwas; Wir konten
                     
aber vor den tobenden u. uns entgegen kommenden Wellen noch nicht seegeln
                     
obschon der Wind uns etwas favorable war. Das ist nun der 4.te heftige Sturm
                     
den wir auf diesem Oceane gehabt; ohne die andern kleinen u. das fast beständig stürmische
                     u. veränderliche Wetter, so wir nun in die 6. Woche anzuführen; denn seit dem guten
                     Wind, so uns durch den Canal u. die See geholfen,
                     
ist es beständig so Wetter gewesen: Die Judith die grönℓ. fragte heut Abend-
                     [?] Singstund; man antwortete: nein! da sagte sie nach ihrem g abgebrochen
                     
Deutschen: Lämmlein Hübsch macht, ihm Singstunde halten.
                     
                     
Den 20.ten war es wieder meist den gantzen Tag calm u: schön Wetter gegen Abend
                     
kriegten wir S.O. der uns die Nacht hinderlich ziemlich forthalf u.
                     
                     
Den 21.ten früh noch so stund u. mehr ostl: ward. Noch Vormittag aber gieng
                     
er schon wieder gegen Süden u. zwar so stark, daß wir daher wieder einen
                     
Sturm vermutheten. Nachmittag aber wurde er schwach, daß unsere Leute wieder bey Nahe alle Seegel heraus thaten: Gegen 4 Uhr zog sich eine [?] wies
                     
die Holländer meinen oder ein Strich-Regen wie man dergleichen im
                     
April hatte) gegen N: W auf. Unser Dav: N: war auf der Decke u. sahe sie kommen, sagte auch zu den Schiffs Leuten, soeben die Wache hatten, da würde ein
                     
starker Wind her kommen, diese, weil der Wind aus Süden bließ, vermutheten sichs nicht
                     u. waren so ziemlich gleichgültig dabey, Auf einmal aber sprung
                     
der Wind nach N:W und unser Schiff stund gegen den Wind, die Seegel
                     
schlugen sich zusammen; Garrison sprang über dem aus der Cajute herzu u. hatte
                     
nur einen Stiefel an, wendete erstℓ. das Schiff vor den Wind u. ließ gleich
                     
alle Seegel los u. aufbinden, da müßte alles helfen was helfen konte.
                     
Wenn uns der Heiland hier nicht bewahret hätte; so wären in ein paar Minuten die Mäste
                     über Boord gewesen, wo nicht gar noch was Ärges uns wiederfahren wär. Es soll einem
                     Orcan nicht unähnlich gewesen seyn, der
                     
Sturm währete hernach biß in die Nacht u. der Wind wurde Nord – und 
                     
wir fieng nach 7. Uhr wieder an zu seegeln.
                     
Das wechselte nun schon so etliche Tage miteinander ab, einen Tag gut
                     
u. still Wetter, den andern Sturm, daß wir also der Stürme ziemlich gewohnt werden
                     u. vor was alltägℓ.es halten. Wir sahen heute u gestern
                     
ein 3. mästiges Schiff mit uns seegeln aber mehr südlich, das sahen
                     
wir biß den 26.ten da verlohr sichs
                     
                     
Vom 22 – 26. hatten wir schönes, helles u. klares Wetter als wirs auf der
                     
gantzen Reise nicht gehabt seit dem wir aus dem Canal seyn. Es war
                     
wenig Wind, die Sonne sahen wir in diesen Tagen auch so schön hell untergehen, daß
                     wir uns alle davon delectirten, welches was rares bey uns
                     
war. Das schöne Wetter veranlaßte die Geschwister ihre Bette u. übrige Sach
                     
in Coffrer auf die Decke in die Sonne zu legen, weil um sie zu trocknen, weil
                     
viele ihre Küsten u. Coffrer ganz naß u. die Sachen darinn theils modrig,
                     
theils verfault waren. Wie denn auch vieler ihre Matrazen unten in der
                     
Hole, wo das meiste Wasser hierein geschlagen ganz ruinirt sind. Wie es
                     
nun am Tag so schön u. hell Wetter war; so war es bey in der Nacht beym Monden-Schein noch lieblicher, denn es war nicht so heiß als am
                     Tage, daher sich die
                     
Geschwister meistens auf der Decke sich aufhielten, denn unter der Decke wo man
                     
schläft war eine solche Hitze u. Dunst, der einem bey nahe den Athem versetzte: Es
                     war auch kein Wunder nicht, denn wir waren zwischen dem 36. u. 37. Grad
                     
Lat:
                     
                     
Den 22ten war unsers Br. Wahnerts Geburts-Tag. Unsere Musici u einige andere spielten u. sungen ihm etliche Versgen.
                     
                     
Den 26.ten früh kriegten wir einen gelinden O. Wind der sich aber bald nach S.O
                     
wendete u. etwas stärker wurde, gegen Abend wurde er noch stärker, doch
                     
so, daß wir alle Bey-Seegel die sie Tage vorher beygesezten stehen laßen konten die
                     gantze Nacht durch, unsere Irene flog wieder frisch davon, daß es eine Lust
                     
beym Mondenschein anzusehen war.
                     
                     
D. 27ten früh war der Wind meist S. aber uns dießmahl nicht gut, weil wir so
                     
weit Südl getrieben waren. Um 8. Uhr mußte man die Beyseegel abnehmen
                     
u. so eins nach dem andern einziehen, daß wir endℓ. nur noch 3. Seegel stehen
                     
hatten. Es sahe wieder ziemlich stürmisch aus, u. die See wurde wieder recht hoch
                     
u. so continuirte es auch die Nacht durch.
                     
                     
Heute früh nach 6. Uhr begegneten wir 2. Frantzℓ. Schiffen von 3. Masten. Sie
                     
steckten ihre Flagge aus u. wir unsere auch. Mit dem einen, das etwas nahe
                     
kam konte Garrison wenigstens durch ein Sprachrohr reden u. es fragen wo
                     
es her käme, u. es antwortete von St. Domingo weiter nicht Mehreres ließ der 
                     
Wind nicht zu. 	
                     
                     
Den 28.ten u. 29.ten War wieder contrairer Wind aber schöne helle Tage 
                     
                     
u. d. 29.ten wurde
                     
es stille, u. wir dachten er solte nun auff N.O. kommen, aber er kam wieder aus S.
                     
W. u. continuirte so biß nach Mittag um 4 Uhr. Da kriegten wir auf einmahl N. Wind
                     u. die Nacht wurde er N.O. u. so hatten wir wieder einen
                     
Sturm, der eines mit von heftigsten war. Garrison wagte es mit der Irene
                     
in den Sturm fort zu seegeln, welches er noch nie mit ihr probirt vor dem
                     
Wind, Sie riß durch die Wellen wie ein Pfeil aber die Bewegung war
                     
auch eine der Sensiblesten.
                     
                     
Heute Vormittag warfen sie das Senckbley aus um Grund zu suchen, weil
                     
aber die 2. Seile nicht recht vest ineinand. gebunden waren denn sie machten wohl
                     100
                     
Klafter aus, so gieng sie los mithin das Senckbley verlohren. Auf den Nachmittag wurde
                     ein Neues gegoßen. Wir sahen auch heute viele flingenden Fische um unser Schiff. Es
                     wurde einer gefangen, daß man ihn recht betrachten konte.
                     
                     
Den 30.ten April: War uns die Loosung sehr eindrückℓ. Die Led: Brr:
                     
erinnerten sich besonders ihres Lieben Herzels Rubuscho an seinem heutigen
                     
Geburtstag u. stimmten mit Music ihme manche recht gefühlige Versel an.
                     
Der gestrige Sturm continuirte noch weiter aber hinter uns her kam so
                     
seegelten wir noch immer fort. Wir sahen uns auch nach Land um weil,
                     
nach der Rechnung es nicht fern mehr seyn konte, wir waren nur zu weit
                     
Südlich.
                     
                     
Den. 1.ten May war es noch so stürmisch, das hat nun wieder 3. Tage nach
                     
einander angehalten.
                     
Weil unsers Ober-Steurmanns Br Schoutes Geburtstag einfiel so
                     
wurden ihm ein paar Versgen gemacht und abgesungen. Gegen Abend
                     
höhrte das stürmische Wetter ein wenig auf. Um Mitternacht wurde der
                     
Wind N.W. u. uns also gantz contrair u. da legten sie bey.
                     
                     
Biß d. 2ten gegen 6. Uhr, da sie wieder ein paar Stunden seegelten; aber weil
                     
wieder daher ein Sturm kam mußten sie wieder beylegen. Bey allen
                     
diesen stürmischen Umständen vergaßen doch die Led: Brr: ihres Festes nicht,
                     
u. machten einige Niedlichkeiten von Bändern u. des Nachmittags celebrirten sie es
                     mit einem Liebesmahl recht seelig u. gefühlig. Wobey recht viele
                     
Verße aus den vorjährigen Led: Brr. Lied gesungen wurden. Gegen Abend
                     
legte sich der Sturm u. die Nacht war ziemlich moderat.
                     
                     
Den 3.ten war wieder ein schöner heller Tag, aber noch nur contrairer Wind.
                     
Br Garrison wolte ein wenig verlegen werden wegen der langwierigen
                     
Reise. Gegen Abend wendete sich der Wind mehr nach N.
                     
                     
Den 4.ten war wieder ein schöner heller Tag aber wenig Wind er war meist N.
                     
Vormittag sahe sich Br Garrison auf der Decke ein wenig um, u. wurde
                     
von Fernen in der See etwa ¾ Stund vom Schiff etwas gewahr das sehr aus
                     
dem Wasser hervor ragte u: sich bewegte. Bald dachte man es wäre ein Fisch, bald
                     
sahe es aus wie ein Boot od. wie ein verunglücktes Schiff, weil es immer
                     
auf einer Stelle blieb. Weil man nun nicht recht gewiß war, ob es nicht etwa
                     
ein im letzten Sturm verunglücktes Schiff seyn könte, worauf vielleicht
                     
noch Menschen wären, wie es sich öffters so zu trägt; So resolvirte sich Br: Garrison, weil es Calm u. die See Spiegel glatt war, ein Boot auszusetzen und
                     
mit etlichen Matrosen dahin zu rudern. Wie sie an den Ort kamen, so war
                     
es ein ungeheuer großer Wallfisch, Garrison sagte: er wäre wohl so lang u.
                     
groß gewesen als unsere Irene. Der muß also irgendwo einen Harpunen
                     
gekriegt u. damit davon gekommen seyn biß dahin, wo er wie ein Aas lag,
                     
darauf viele Vögel saßen, u. drum herum eine große Menge anderer
                     
Fische schwummen, die sich an ihm delectirten. Garrison nahm etliche Harpu-
                     
nen mit sich, u. warf sie auf 2. Fische, den einen kriegte er u. brachte ihn mit
                     
sich aufs
                     
Schiff, der andere hatte zwar auch einen Treff gekriegt u. Garrison hatte ihn
                     
eine Weile, hinter dem Boot nach sich gezogen [ent#] gieng er mit dem Harpunen durch
                     dieser so er mit sich brachte war ein Hy-Fisch, wie ihn die Holländer nennen von einer ziemlichen Größe. Garrison nannt ihn auch ein See-Tiger.
                     
Er ist aber nicht gut zu eßen. Sie haben ihm die Haut abgezogen, welche die Schreiner
                     u. Drechsler gut zum poliren gebrauchen können, u. übrigens ihn gantz
                     
zerschnitten. Er hatte 4. große Floß-Federn unterm Leibe u. eine auf dem
                     
Rücken. Sein Mund war ziemlich groß u. weit, daß er einen guten Bißen ver-
                     
schlucken konte; und seine Zähne waren just wie eine Säge unten u. oben; und
                     
die Zacken paßten gantz schön eineinander u. waren so scharf, daß wenn man sie
                     
nur ein wenig anrührete, so giengs Blut darnach. Solte Br Garrison mit
                     
seinem Schiffs Volck allein gewesen seyn; so hätte er an dem Wallfisch diesmahl
                     
einen rechten Fund gethan, u. etliche tausend da erschwingen könen an
                     
dem Fett u. Fischbein, so war aber der Transport zu starck und nicht so leicht
                     
zu den Fäßern zu kommen u. also vor das Mahl nichts zu thun.
                     
Heut Nachmittag celebrirten auch die Led: Schw: ihr Fest wie die Brüder am
                     
Freytag mit einem Liebesmahl u. Liturgie. Unsere Musici machten
                     
ihnen auf der Decke eine Music dazu. Wir waren heute bey nahe unterm 38. Grad: Lat: Wir avancirten aber sehr wenig.
                     
                     
Den 5.ten hatten wir wieder einen schönen hellen Tag u. doch etwas mehr und
                     
beßern Wind (denn er wandte sich nach N.O.) als gestern u. waren wieder unterm
                     
38. Grad. Lat: also mehr nordlich. Garrison dachte heute früh, da der Wind mehr
                     
mehr nordℓ war, wenn er so stehen blieb, daß er die Höhe von Newyorck nicht
                     
erreichen könte, so wolte er wenigstens suchen in der Delaware Bay einzu laufen; Weil
                     aber der Wind etwas mehr nach Osten zu gieng, so konten
                     
sie ihren Cours nach N.W. u. also nach Newyorck zu richten. Er war 
                     
zwar sehr schwach doch blieb er die Nacht so stehen und
                     
                     
Den 6.ten Vormittag war er nur wenig stärker doch nicht viel und auf den
                     
Nachmittag wurde es gantz calm u: die See Spiegel glatt. Wir blickten
                     
gegen Abend etwas vor der Sonnen-Untergang gegen S:W: wieder so
                     
etwas Treibendes in der See in der nemℓ: Distance wie den 4.ten das einem
                     
Boot ähnlich sahe. Br. Garrison schikte deswegen wied etliche Matrosen dahin; diese kamen bey nahe an den Ort wo die Sache war, u. hatten nur
                     
noch ein kleines Fleckgen; als eben ein ziemlicher starker Wind aus N.
                     
kam, der sie nöthigte eilends wieder umzukehren. Sie sagten aber es
                     
war wieder ein toder Wallfisch gewesen. Auf dem Hinweg trafen sie
                     
einen Sonnenfisch an auf den sie einen Harpunen warfen u. ihn mit
                     
sich kriegten aufs Schiff, der war gantz platt u. breit u. hatte so dicke
                     
u. harte Schuppen, daß man einen scharfen Harpunen haben muß ihn durch
                     
zu stechen. Der Wind hielt die Nacht so an. Und continuirte so
                     
                     
Den 7ten den gantzen Tag u. weil er vom Land kam dem wir schon so nahe
                     
waren, so war er so kalt daß einem Haut schauerte. Sie stiegen heut Vormittag auf
                     die Mäste um Land zu sehen, weil sie nach ihrer Rechnung nicht
                     
weit mehr davon seyn könten; sie meinten auch würklich sie sähen
                     
Land, das gab eine vergebℓ.e Freude bey den Geschwistern, denn in
                     
einer 4.tel Stund war es wieder nicht wahr.
                     
Um Mittag begegnete uns eine Chaloupe von der Insul Nantucket
                     
die in der Gegend Boston liegt. Bey dem Schiffer erkundigte sich Br.
                     
Garrison wo wir wären u. erfuhr daß wir wohl Long: Eyland gegen über;
                     
aber doch noch so so 70 deutsche Meilen biß Newyorck zu seegeln hätten. 
                     
                     
Den 8.ten stund der Wind noch so u. wurde gegen Abend mehr W. aber sehr
                     
schwach u. die gantze Nacht durch hatten wir meist calm.
                     
                     
Den 9.ten früh war es noch calm gegen 10 Uhr aber fieng er aus Süden
                     
an zu wehen der uns diesmahl recht günstig war. Sie füllten heute wieder etliche leer
                     gewordenen Fäßer mit See-Wasser damit das Schiff nicht
                     
zu leicht würde. Das Senckbley wurfen sie heute u. gestern aus fanden
                     
aber noch keinen Grund.
                     
                     
Den 10.ten war ein gelinder S.O Wind der uns wieder ziemlich forthalf
                     
doch nicht zu stark, denn es war u. das war gut nebelicht, daß man kein Land erblicken
                     
konte. Um 10 Uhr warfen sie das Senckbley aus u. sie fanden 35 Faden Wasser, das war
                     eine genugsame Anzeige daß wir nicht ferne
                     
vom Land seyn müßen. Um Mittag Hatten sie 25 u. um 4 Uhr 22 ½ 
                     
u. um den Abend 21 Faden. Gegen Abend klärte es sich gegen Westen
                     
zu auf. Man konte aber heute noch kein Land sehen.
                     
                     
Den 11.ten war es ein Heller Tag. Wir hatten 15. 14. 13. Faden Wasser des
                     
Morgens. Die Matrosen stiegen auf die Mäste sich nach Land umzusehen und
                     
nach 6. Uhr früh erblickten sie endlich Sandy-Hoock. Und so waren wir
                     
noch so glücklich diesen Abend in Haafen einzulaufen u. das erste Mahl
                     
wieder vor Ancker zu liegen. Wie wir eben einlaufen wolten kam noch
                     
ein zwar kurtz anhaltender aber ziemlich heftiger Travat. Es blitzte und
                     
donnerte u. in dem Travat kam ein Loots an Boord, der sich um unsertwillen heraus
                     gewagt. Br. Garrison nahm ihn nur um deß willen an,
                     
denn sonsten hatte er keinen nöthig.
                     
                     
Die Loosung Hieß: Dieser wird unser Friede seyn. Ave für deinen Bann.
                     
                     
Den 12.ten als am Märischen Kirchweyh-Fest langten wir Nachmittags
                     
um 3. Uhr vor der Stadt Newyorck an, mit der Loos: Sagt den Fürsten
                        
Juda: Ich will Himmel u. Erde bewegen. Ach mein Herzliches Jesulein! mach
                        
mir ein rein sanft Bettelein zu ruh´n in deines Herzens-Schrein. Wir waren kaum vor Ancker so kriegten wir gleich Visiten von hiesigen Geschwistern
                     
die uns bewillkommten. Es stunde heute schon in der Zeitung: daß Capitain Garrison mit Mährℓ. Leuten wär angekommen. Heut abends
                     
in der Singstunde Redete unser Herz Joh: N: gantz besonders eindringℓ:
                     
von diesem Fest: das ich aber nicht recht aufzufassen im Stande war. Des
                     
Nachts hatte noch in der Cajute eine kleine Gesellschafft von Arbeitern,
                     
so die meiste Besorgnis u. Mühe auf dem Schiff gehabt, ein niedliches kleines Abendmahl
                     zum Andencken dieses Festes.
                     
                     
Darauf den 13.ten giengen sogleich unser L. David u. seine Rosine vom Schiff
                     
ab u. reisten nach Bethlehem um unsere glückliche Überkunfft zu
                     
melden.
                     
                     
Den 15.ten Fertigte Nitsch: die Schwestern in 2. Colonnen ab nach Bethlehem unter Begleitung der verehlichten Geschwister Wahnerts, Kransens, Haberlands, Joseph Müllers p
                     
                     
Den 18.ten wurden die sämtl Brüder von Joh: N. abgefertigt ebenfalls
                     
in 2. Colonnen. Nitschmanns und Garrison wolten den Nachmittag
                     
auch nach nach, Es war ihnen aber der Wind so stark entgegen daß sie
                     
mit dem Boot wieder nach Newyorck umkehren mußten u. diese Nacht
                     
bey Bruder Greening bleiben. 
                     
                     
Endℓ. Den 19t früh folgten sie den anderen nach u. kamen mit den Brüdern
                     
auf einen Tag in Bethlehem an, mit einer artigen Loosung vor die Brüder:
                     
nemℓ: den 21.ten May: Ich habe uns [?] [?] [?] [?]
                        
und Nazareer aus euren Jünglingen, Ists nicht also. Ach heilige
                        
Bunds-Glieds-Spalte, auf Seiten-Höhlgen walte.
                     
                     
Das wäre also das vornehmste so ich auf dieser See-Reise angemerkt; und hiermit empfehle
                     ich mich auf auf das demüthigste u. kindlichste euren Herzen u. dem zärtlichen Bedenken
                     vor dem Lämmlein
                     
vor meine Person ins besondere. Und bin mit einem demüthigen Handkuß euer armes u.
                     genuges Mitglied
                     
                     
Bethlehem d: 11.ten Juni N. St. Phillipus
                     
1749
                     
                     
Phil. Derbaums 
                     
Reise-Diarium
                     
der See-Gemeine unter Br.
                     
Joh. Nitschmanns Anführung
                     
Von London nach Newyork
                     [?] Februar – May Jun.1749