Moravians at Sea

Teil 3: Atlantik

How to Use

Die Punkte/Nadeln auf der Route geben schematisch die Tagespositionen des Schiffs zwischen im Tagebuch erwähnten Landmarken (erkennbar an den Richtungswechseln der Route) wieder. Klicken Sie auf die Nadeln, um sich die jeweiligen Tagebucheinträge anzeigen zu lassen. Größere Nadeln fassen mehrere Einträge zusammen. Mouseover auf eine Nadel blendet das Datum der Sichtung oder des Aufenthaltes ein.

Quelle

Autor: Philipp Dürbaum
Titel: Phil. Dürbaums Reise-Diarium von London nach New York. 1749.
Vorlage: Unitätsarchiv Herrnhut, R.14.A.35.10b

Transkription

Status: Ersttranskription ist erfolgt
Urheber:in Ersttranskription: Emily Berger
Urheber:in Kollation (Zweittranskription): N.N.

2.3.1749 3.3.1749 4.3.1749 5.3.1749 6.3.1749 7.3.1749 9.3.1749 10.3.1749 11.3.1749 12.3.1749 16.3.1742 17.3.1742 18.-19.3.1742 20.-21.3.1742 22.3.1742 23.3.1742 24.3.1749 25.3.1749 26./27.3.1749 28.3.1749 29.3.1749 30.3.1749 31.3.1749 1.4.1749 2.4.1749 3.4.1749 4.4.1749 5.4.1749 6.4.1749 7.4.1749 8.4.1749 9.4.1749 10.-16.4.1749 17.4.1749 18.4.1749 19.4.1749 20.4.1749 21.4.1749 22.-26.4.1749 27.4.1749 28.4.1749 29.4.1749 30.4.1749 1.5.1749 2.5.1749 3.5.1749 4.5.1749 5.5.1749 6.5.1749 7.5.1749 8.-10.5.1749 11.5.1749 12.5.1749 13.-19.5.1749


Den 2.ten stund der Wind noch so, nemℓ. meist O. Des Morgens fuhren wir den
Sorlingischen Insuln vorbey (wie sie die Holländer nennen, oder nach Engℓr
Sprachs Sälly. Es gieng heute schon ein ziemlich Stück in Spanische
See. Wir seegelten alle Stunden 7. deutsche Meilen.


Den 3ten war der Wind noch O. aber nicht mehr so stark, wir fuhren diesen Tag
etwa 23. d. Meilen, wir waren schon vom Promontorio Lizart angerechnet
im 3.ten Grad: Long: Biß hieher hat das gute beständige Wetter gewähret
aber nun haben wir auch nichts anders als variables gehabt,


denn den 4.ten früh um 7. Uhr Vollmond u. mit demselben veränderte sich auch
der Wind, gegen Mittag wendete sich der Wind nach Süd u. war sehr stark
daß wir die Stunde bey 2. deut. Meilen fuhren. Um Mitternacht gieng er nach
S.W. u. gleich auch nach W. u. N. Die meisten von unsern Geschwistern
wurden See-kranck. Diese Nacht waren wir in Furcht, daß unsere Waßer
u. Bier Fäßer los gehen würden u. also im Raum unten, wo die Geschwister
schlafen viele Unordnung machen; es gieng aber glückℓ. vorbey, außer daß
Die armen Schwestern sehr erschraken, da ihnen durch die hefftige Erschütterung
u: Anstoßen der Wellen ihre Bettstellen einbrachen.


Den 5.ten früh war der Wind N.O. u. O. daß er also diese Nacht meist den gantzen
Compass umlief. Heute wars etwas gelinder als den vorigen Tag u. die Bewegung nicht so sensible.


Den 6.ten war wenig Wind er kam von N.N.W. die Geschwister bestanden sich
etwas beßer, außer daß unser L. Cap: Garrison diese Tage über meist Bettlägrig war an einem Fieber. Heute rechneten unsere Leute aus wie weit
wir seit 8. Tagen, da Br. Kohn u. Jorde von uns nach London retournirten
u. da wir Dovre passirten, avancirt wären u. sie fanden daß es 200 deutsche
Meil. aus trüge. Wir waren auch biß anhero so glückℓ. daß wir nie unsern Course
verändern durften. Wir machten uns daher die süße Hoffnung wenn uns das
Lämmlein wie bißher so guten Wind fortschencken würde in 4. Wochen nicht
weit von der Amerianische Küste zu seyn.


Vom 7ten 11 war der Wind sehr variable und meistens Aprill-Wetter.


Den 9.ten waren wir unterm 45. Grad. Lat: u. 16. Long: es wehete sehr heftig.
Unser L. Herzen Nitschmanns erinnerten sich heute mit zärtℓ.em Gefühl
des vor 10 Jahren in Jena gehaltenen Sejours, da ihr Lieber Josua auf die
Welt kam. Frühe [?] sungen einge unter Music diesem lieben Kind
manche artige Versgen, u. des Nachmittags celebrirte eine kleine Gesellschafft in der Cajute seinen Geburtstag mit einem Liebes Mahl wobey
manche artige Particularia von den Jenischen Umständen mit vorkamen.


Den 10.ten war unseres L. Herzels Jorde Geburts Tag. Einige ihm wohl bekante Herzel erinnerten sich dessen in aller Früh mit einem zarten Liebs-
Gefühle u. einer Music wobey ihm einige gantz besondere Versel gesungen
wurden.


Den 11.ten Wehet es sehr hefftig aus N.W. u. gegen Abend hatten wir etwas
stürmisch Wetter, doch gieng es noch gnädig ab, außer daß unsere Schwestern
durch eine ziemlich große Welle die herein schlug u. wovon viel Waßer unten in
den Raum kam, sehr in Furcht gesetzt worden, u. eine unter Ihnen dachte,
wir wären schon untergegangen. Es kam von derselben auch etwas in die
Cajute. Unsere Leute sagten wir wären den Azorischen Eilanden gegen über
wenigstens auf der Höhe, obgleich weiter gegen Norden, und da wäre es was
Ungewöhnliches ohne harten Sturme davon zu kommen. Wir waren unterm
46. Grad. Lat: Heute begieng unser Liebes Hertz Samuel Krause seinen Geburtstag. Es wurden ihm frühe deßwegen einige Versel gesungen
u. abmusicirt, die ein Bruder auf ihn componirt.


Den 12.ten - 16 War der Wind variable u. uns contrair sonderℓ. der von
S.W. daher wir sehr weit gegen Norden getrieben worden; unsere Leute
sagten vielmahl das wäre ein guter Wind nach Straa-David. Wir waren
unterm 48. Grad. Lat:. 2 Nächte Hatten wir recht hartes Wetter, das einem
Sturm nicht viel unähnlich sahe, wir waren auch einmahl in der Nacht sehr
besorgt wir möchten auf Klippen stoßen bey einer Insul, die die Holländer
auf ihren See-Karten abgezeichnet haben, die Engelländer aber nicht.


Abends d. 16.ten in der Singstunde, die Samuel Krause hielte, wurde erinnert daß die Geschwister mit dem Wasser ein wenig sparsamer umgehen möchten, als bißher geschehen; weil man nicht wißen könte, wie lange
unsere Reise andauren dörfte, u. der Wasser-Mangel eine nicht geringe
Noth unter uns bringen könte. Zu dem Ende würden die Brr. Christian
David u. Stoll zu Inspecteurs darüber gesetzet.


Den 17.t Früh um 1. Uhr hatten wir ein hartes Donner-Wetter und unsere Leute
waren sehr in Sorgen, es möchte ein harter Sturm entstehen, daher sie alle Seegel einnahmen; und wenn wir auch weiter gegen Süden gewesen wären, sagten sie, solten wir es wohl mehr zu fühlen gekriegt haben; so aber habe uns
nur ein Strich davon betroffen u. erreicht. Gegen Abend wurde es
stille u. der N.O. Wind fieng gelinde an zu wehen, daß wir alle gute Hoffnung
hatten unsern gewünschten N.O. Wind zu bekommen, er blieb aber nicht lange
stehen; sondern wendete sich gleich nach N.W. doch war uns dieser dießmahl
nicht so gar Contrair, weil wir mehr Südℓ mußten


Den 18 u. 19.ten war der Wind meist S.W. u uns also Contrair u. ob wir gleich
bey dem Neuen Licht, so den 18.ten einfiel auf guten Wind hofften weil gemeinigℓ. da
eine Veränderung vorgehet, so schlug unsere Hoffnung doch fehl.


Den 20. u. 21.ten Hatten wir einen harten Sturm von S:W: der uns
ziemlich wieder zurück trieb, wir konten nichts kochen, weil wir kein
Feuer
machen konten. Wir mußten beylegen u: da haben wir zum ersten Mahl gesehen wie
unsere Irene sich so artig mit den Wellen conduisirt hat, denn wenn man dachte
nun würde eine Sie bedecken, so sprang sie wie eine Ente auf dieselbe u. so
giengen die meisten unter ihr weg. Dieser Sturm hub sich just an am Tage
des Aquinoctio, um welche Zeit meistens man Stürme zu gewarten hat
das uns auch unser L: Dav: Nitsch: noch in Gravesande sagte: Daß uns
beym Aquinoctio doch Tag u. Nacht ein gleichen, u. vom Horizont der
Lamms-Gemein man dennoch den klaren Sonnen-Schein der Pleurӕ
niemahls weichen siehet. Das erfreute uns doch mitten in diesen stürmischen Umständen.


Den 22.ten früh als am Sabbath legte sich der Sturm u. der Wind wurde N.W. mit
dem wir wieder fortgehen konten, u. wenigstens unsere Stelle wieder occupiren
die wir vor dem Sturm hatten. Vormittag sahen wir ein Engℓ. Schiff uns vorbey seegeln, das seinen Cours nach Engelland nahm, u. vermuthℓ wie unsere Leute wehnten von Neuyorck kam. Es grüßte uns erstlich mit seiner Flagge
u. dann steckten wir unsere auch aus. Gegen Abend war der Wind W. u uns
also nicht gut


u. so war es auch den 23.ten


aber den 24.ten war es wieder N.W. u. uns dießmahl ziemlich gut,
weil uns aber die Wellen noch sehr entgegen kamen konte unsere Irene nicht
so geschwind avanciren.


Den 25.ten Gieng es etwas Beßer. Heute früh am Tag u. gegen Mittag sahen
wir wieder 2. Schiffe uns vorbey seegeln, dem letzten gaben wir zu verstehen, daß
wir gerne mit ihnen sprechen möchten u. es kam uns sehr nahe, daß wir es thun
konten. Es war ein Frantzösisches, so von Martinique kam und nach Nantes in Frankreich zurück kehrte. Es fragte uns um gute neue Zeitungen u.
wir sagten ihnen: Es war in Europa wieder Friede u. so nahm es Höflichen
Abschied von uns. Heute erinerte sich das gantze See-Gemeinlein recht
gefühlig an das Heutige Fest aller Chöre, so in den Gemeinen gefeyert wird, doch
mit einem geheimen Sehnen, u. wären gern zu mahl auf dem Brüder-Saal
bey dem Abend Mahl gewesen, das wir nun entbehren und fasten mußten, welches nicht ohne Schmerzen u. Verlangen, Bald am Strande gegen über es auch
wieder zu halten abgienge. Wir waren untern 43. grad. Lat:


Den 26. u. 27.ten War der Wind noch immer Contrair doch nicht stark
mehr. Unsere Leute rechneten aus wie weit wir nun von Engelland waren
und fanden daß es der halbe Weg nach America sey, welches doch einem etwas
besonders deuchte bey den vielen contrairen Winden.


Den 28.ten Früh um 3 Uhr änderte sich der Wind u. wurde N.O. u. gegen Tag
fieng es recht an zu blasen, daß wir diesen Tag die Stunde meistens 2. deut.
Meilen seegelten. Alles wurde auf dem Schiff darüber erfreut u. munter,
und einige unter uns hatten die angenehme Vorstellung u. Hoffnung,
daß wenn es 8. Tage so stehen bliebe, noch auf Ostern in America zu seyn,
Weil wir gerne wieder einmahl die Feyertage zu Lande feyern möchten, da
wir die Weyhnachten schon auf der See hingebracht. Wir sahen heute u. Gestern
wieder Schiffe uns vorbeyseegeln, da einem allemahl ganz artig ist, daß man
noch Menschen außer uns gewahr wird. Unsere Schiffs Leute observirten
Heute einen starken Ring um die Sonne u. [aminierten] nicht viel Gutes
daraus, welches wir auch noch diese Nacht erfahren; denn es erhub sich ein
Sturm der von N.O. anfieng u. herum nach S.W. lief, so stark
als wir noch keinen hatten u.


d. 29.ten Continuirte er so u. währete biß Mitwoch d. 2.ten April. Die Loosung war artig: Welche der Herr Lieb hat, die strafet u: züchtiget er: da klebt
mein Sündermündelein u: wäre [gern] versengte.
Die Wellen bombardirten unsere Irene mit einer solchen Wucht, daß man dachte sie wolten
sie in den Abgrund versencken. Es war wirkℓ einem nicht anders zu
Muthe als hätte der Fürst der Finsterniß sein gantzes höllisches Heer
aufgeboten sich diesem Häuflein entgegen zu setzen. 2. starke Wellen
schlugen an die Cajute an, nicht anders als ob sie sie in Stücken zerschlagen
wolten. Die Eine schlug beym obersten kleinen Cajuten Fenster herein,
zerbrach es, wie leicht zu erachten, in viele Stückgen; u. schoß da wie ein aufgehaltener Strohm herein, daß man hernach das Wasser mit Eymern hinaus
tragen mußte. Unser L. Joh: Nitschm. u. seine Jule saßen just dagegegen über u. der volle Strohm schoß auf sie zu, daß sie wie im Waßer schwummen. Gleich nach diesen kam noch eine weit stärkere u. größere von
der Seite des Schiffs, u. bedeckte das Selbe gantz u. verursachte eine solche
Erschütterung, daß alles sowohl bey den Brüdern als Schwestern durcheinander fuhr, u. es war eine gnädige Bewahrung unsers Aeltesten und
seiner Trabanten der H. Engel, daß bey dem Untereinanderfahren der
Coffer u. Küsten, doch keinem von unsen Geschwistern einiger Schaden zugefügt worden, außer daß sie viel Wasser in ihre Bette u. Lagerstätte kriegten
wovor wir Ihnen herzℓ. danckten u. auch davor, daß keinem von unsern
Schiffs Leuten auf der Decke was begegnet; denn die bey den Steuer-
Leute Schoute u. Erhard kamen knapp davon daß sie nicht über
Boord geworfen wurden. An unserer Irene geschahen dießmahl weiter
kein Schade, als daß ein Brett am Rand oben über der Cajute davon eingeschmißen worden. Das Loch wo die Brüder aus ihrem Saal auf und
abstiegen wurde auch veste zu gemacht (denn ein vorz. Sturm wars ofen) u. von
Joh. Nitsch: den Brüdern untersagt, daß keiner sich auf die Decke hinauswagen solte. Es währete so die gantze Nacht hindurch.


Den 30.ten als am Palm-Sonntag war der Sturm etwas gelindert und mit
Regen vermischt, welcher die hohen Wellen etwas dämpfte.


Aber am 31.ten fieng er wieder heftiger an u. der Wind war dabey so veränderlich
daß er bald S.W. bald N.W. lief. Das erregte eine solche Confusion unter den Wellen, daß sie ordentlich wie zu Felde gegeneinander
lagen u. stritten welche unter ihnen die Oberhand über die andre
bekommen solte; da sahe es um unsere Irene sehr Confus,
stürmisch u. gefährlich aus, u. ohnerachtet sie sich mit den Wellen so betragen konte, daß ich noch kein dergleich Schiff so gesehen, das auf den Wellen wie eine Ente herum schwimt; so kamen um Mitternacht 2. dergleichen
große Wellen gleichsam wie in einer Bataille so hintereinander u. thürmten
sich wie Berge gegen einander auf, u. dann schlugen sie mit eins von fornen
wo die Ancker festgemacht sind, mit einer solchen fune u. force herein daß
man nicht anders dachte als solten sie das Schiff in Trümmern zerschlagen.
Haben wir nun bey den Wellen, so am Sonnabend herein geschlagen, gemacht
daß sie heftig wären; so waren sie doch gegen dieser nichts zu rechnen. Alles
im Schiff flog untereinander es mochte noch so vestgemacht seyn, viel ärger als
jemahlen, so wohl in der Cajute als unten im Raum u. unter der Decke.
Bey den Brüdern brach die Bettstelle auch ein auf der Seite wo Schoute
seine Cabine hat. Die Brüder brachten die gantze Nacht zu alles wieder
in Ordnung zu bringen u. veste zu machen. Und es war eine nicht geringe
Vorsichtigkeit, daß die Nacht-Wache wohl 3. fach besetzt wurde, so wohl von
Männern als Led: Brüdern, damit sie im Falle der Noth gleich bey der Hand
seyn konten; sonderℓ. daß die Männer denen Schwestern zu Hülfe kommen
konten.
Hatten wir nun Ursach gehabt vor die vorherige Treue u. Bewahrung dem
Lämmlein u. seinen H. Restgefehrten u. Schaaren zu dancken; so hatten wir
sie dieses Mahl noch mehr: denn außer der Confusion, die die Wellen inwendig im Schiff verursacht; so hat sie auch von außen auf der Decke
weiter keinen Schaden unserer Irene gethan; als daß sie unsere Küche
u. Schornstein biß an den hintersten Mast rückte, (den man aber bald wieder
an ihre Stelle setzen konte) und die langen Seiten Bretter, so in der
Länge des Schiffs hingiengen, auf beyden Seiten gleich einschlug und
sie über Boord nahm, u. das war gut, denn damit schoß das Waßer
auf beyden Seiten des Schiffs wie ein aufhaltener Strohm wieder ab, und
unsere Irene konte sich wieder erholen. Über das so war es auch gut
daß sie von forne herein schlug u. aus dem großen Ancker den sie auch von
der Stelle rückte, ihre meiste force abstieß, denn wäre sie von der
Seite des Schiffs gekommen so hätte sie (nach Aussage Br. Garrisons) gewiß
die beyden Boote mithin weggenommen u. dadurch die Decke daran
sie vestgemacht werden, mit aufgerißen. Wie hoch das Wasser die Wellen über
das Schiff herein geschlagen, werden diejenigen begreiffen, die wißen wie
hoch der große Rae am mittelsten Mast stehet, denn über diesen
schlug sie gegen der Küche u. Cajute zu; Garrison stunde eben drauf
auf der Decke beym Compass, der ist wie leicht zu erachten so naß geworden
daß kein trockner Fach an ihm war daher ists auch Leicht zu begreifen
warum so viel Waßer hinunter zu den Schwestern gekommen; daß sie
zum Theil wie in ihren Bettstellen schwummen; denn das Waßer schoß oben
durch den Schornstein herunter wie ein Strohm. Bey den Matrosen
war es noch schlimmer: denn deren ihre Betten waren gantz unter Wasser u. sie
dachten gar die Decke wäre eingeschlag u. hatten genug zu thun biß sie
das Wasser mit Eymern wieder hinaus gebracht. Unser L. Capitain u. Steuer-Leute waren gewiß nicht wenig verlegen: und hieltens
vor ein nicht geringes Wunder daß unserer Irene kein größerer Schaden
dadurch zugefüget worden: denn Garrison sagtes, So eine Welle wäre
im Stand das gantze Schiff zu zerschlagen, u. er wüßte sich nicht zu be-
daß er jemahls so eine auf sein Schiff bekommen.
[?]

Aprilis


Den 1.ten war der Sturm Vormittag wieder etwas gelinder u. mit Regen
vermischt: Des Nachmittags aber um 4. Uhr kam er von S.W. noch heftger als er je gewesen, u. man dachte würkℓ. nicht anders als solte alles
zu Trümmern gehen. Garrison sagte auch: er wäre nun schon so etℓ.e 30 Jahr zur
See gefahren, aber so hoch hätte er die See niemahls gesehen. Der Mond schiene
hell u. wenn man die See ansahe, so war sie so weiß wie der Schnee von dem
Rauschen und Zusammenschlagen der Wellen. Ich habe auf der gantzen Reise an
unserer Irene kein solches zittern, erschüttern u. beben wahrgenommen als in dieser Nacht, da sie sich so durch die Wellen hindurch arbeitete u. gleichsam auf
allen Seiten gedränget war. Wir hatten beygelegt nichts desto weniger würden
wir von den Wellen ein großes Stück zurück geschlagen. Das war aber
auch die letzte schwere u. harte Nacht vor dieses Mahl, gegen 4. Uhr legte er
sich [nu] etwas: daurte aber doch noch


Den 2.ten April biß gegen Abend, und weil der Wind N.W. war, so konten
wir doch die Nacht wieder etwas seegeln. Wie uns allen ins gesamt
in diesen Umständen zu muthe gewesen, können die Geschwister beichtlich machen.
Im Grunde konte man es wohl nicht faßen u. begreiffen, daß dieses Seegemeinlein seine Grabstätte auf diesem großen Welt Meer finden
solte; doch wußte man nicht warum ein solch heftiges Stürmen so lange währen
u. wir wieder so weit zurück geworfen werden solten. Daher auch unserm Capitain u. Steuer Leuten einfiel, daß der Fürst in der Luft sein Heer
aufgeboten hätte diesem Häuflein sich zu wiedersetzen weil es seinem Reich
eben keinen Nutzen schaffen würde; Sie sprachen darneben von einer Gegend da
ehmahls Land u. Leute gewesen, das aber untergegangen u. um die Gegend
sollen sich fast allemahl solche Stürme ereignen. Wir haben von Herzen
gesungen: Breit aus die Flügelein Beyde; u. laß die Engelein singen sie sollen
unverletzet seyn.


Den 3.ten Apr: War der Wind nach N.W. u. wir haben heut wieder was eingeholt
was wir in Stürmen eingebüßt. Wir sahen auch heute wieder ein Schiff uns
entgegen kommen, das vermuthℓ. nach Madera gegangen wie unser Schiffs Leute
sagten. Des Abends weil es just Gründonnerstag war hielte unser L.
Herz: Nitsch: wied. Liturgie u. Singstunde. O! das schmeckte uns wieder
köstℓ. u. wir waren alle vergnügt u. danckbar daß wir dieser Gelegenheit
wieder in ziemlicher Ruhe u. Stille beywohnen konten.


Den 4.ten April, als an unserem allerliebsten Seitenhölchens-Feste, das die incomparable schöne Loosung hatte: Ich sage zu Gott meinem Fels: Seiten-
Hölchen du bist mein, erfreute uns unser Gott Seitenhöhlen, (denn das ist
die naturellste Explication) gleich in allerfrüh mit einem schönen u.
ziemlich starken N.O. Wind mit dem unsere Irene dergestalt davon
flog daß es eine Lust anzusehen war u. das continuirte so ziemlich egal
biß abends da es ein wenig stiller Wurde.
Aber noch weit mehr hat unser Allerliebstes Seitenhölchen uns erquickt
und unter Seinen heiter gemacht da wir von unserm th. Herzen Joh.
N: die erfreuliche Nachricht kriegten, daß es sich gefallen laßen uns an-
Heute auf seinem Fest gantz besonders zu regaliren, zu küßen, zu umarmen und uns aus seiner tiefsten Herzgruft zu speißen und
zu träncken. Was das bey allen unsern Schiffs Herzeln vor eine unvermuthette, angenehme u. seelige Metamorphosins u, Veränderung
verusrsachte, können unsere Herzel in Europa, die sich darin logirt
haben, leicht erachten. Doch da die bloße Nachricht schon eine solche
Freude u. Erquickung war; So war es freylich uns noch viel gefälliger,
herzerwärmender u. ein [?], da es uns gantz in seine Arme
u. in seinen Schooß nahm u. uns ehelich durchgieng, davon, wie bekant, zu keiner Zeit tüchtige u. würdige Expressionen ausgestunden
werden können, u. also müßen auch wir solches der eigenen Erfahrung
u. Gefühle überlaßen.


Es fing sich dieses Mahl nachmittags um 2. Uhr an, u. daurte biß
gegen Abend, und wir merkten als was Besonders dabey an, daß, da der
Wind vormittags so stark bließ, daß man dachte, er würde schwerlich verstatten, uns dieses seelige Mahl in Stille u. Ruhe zu halten,
er just um dieße Zeit etwas gelinder wurde, daß alles dabey in der
schönsten Ordnung zugieng.
Unser L. Herz Joh: N. redete zu Anfang etwas weniges über die ungemein schön einpassende Loos: u. erinnerte: daß wir nun um so
mehr Ursache hätten unsers allerliebsten Seitenhölchens-Fest, aus
welchem wir gehauen u. gegraben worden mit einem Mahl der Wunden zu celebriren, nachdem das Lämmlein uns vor ein paar Tagen aus etwas gefährlichen
Umständen u. Stürmen geholfen; und weil es wohl das erstemahl sey, daß sich
just auf dieses Fest ein Gemeinlein auf der See befindet, so seye es billig,
daß es dasselbe auch auf diesem Welt Meer begehe. Und weil unserm L. Br.
Andreas Schoute als ober Steuermann ein solches Mahl schon in London zugedacht u. es ihm biß auf die See aufgehoben u. gewaret worden; So soll er also
heute die Gnade u. das Glück haben, das erstemahl bey Begehung des ersten
Seiten-Hölchens-Fest auf der See, mit dem Volck des Lämmleins den Marter Leichnam zu eßen u. sein Blut zu trinken, dadurch er noch mehr u. gantz in die Gemeinschaft mit seiner Sünder Gemeine gebracht u. das als ein Besonders Siegel
auf sein Herz bekommen u. hinwegtragen soll.
Hierauf geschahe die allgemeine Absol: unter dem gewöhnℓ.en Verse: Herr Jesu
sey uns selber nah p – in dem Gesicht der Engel p das wir von gantzem Herzen sungen, unter der angenehmen Vorstellung; wie sich diese seelige Frohedienerlein in diesen Tagen so geschäftigt um unsere Irene herum bewiesten
haben u. noch beweisen, u. sich an jetzo mit uns freuen werden. Wobey wir
ihnen vor ihre Treue u. sorgfältige Wache von Herzen dankbar waren.
Nach diesem wurde unser L. Br Schoute von Joh: Nitsch: mit Handauflegung eingesegnet, unter dem Verse O Jesu Christ erhöre uns p schließ
ihn ins Seiten-Hölchen ein, mit deiner gantzen Blutgemeine.
Nach dieser Einsegnung geschahe die Con[sev]ation des Brods u. Weins unter
den gewöhnℓ. Versen, u. Joh: N. theilte das Brod u. Wein aus; Bey den Brüdern unter der Diaconie Joh: Müllers als Schiffs-Aeltesten; Bey den Schwestern unter der Diaconie der Schwester Phoebe als Schiffs-Aeltestin.
Es gieng alles so stille, ordentℓ. u. angenehm zu daß wir dem Lämlein davor
zu danken Ursach hatten. Unsere Herzen wurden aufs Neue aufgelobt
und unsere Seinen heiter, und wir spürten wo wir hingesunken waren bey des
Hölchens offen bahren. Das Lämmlein erfülle hierbey den Wunsch so wohl unsers
Th. Papas auf dem Sabbath-Liebesmahl vor Gravesande: immer aus
dem Marter Leichnam heraus u. wieder ´nein zu schwitzen; als auch unsers L. Herzen N. daß wir so niedlich, blutig, seeliglich, so Seiten Hölchens-
Haftiglich
nach America komen möchten, wovon wir bereits die Grentzen
auf der See passirt waren, als wir dieses Fest begiengen.
Zum Beschluß dieses seeligen, einnigen und gefühligen Festins wurde noch
3. Mahl angestimmt: Ehre dem Seiten Maal! Welches doch ungemein
Herz hinreissend u. angenehm auf unserer Irene klung. Wie alles zu Ende
war, dann wurde unser Lieber Br Schoute noch was rechts zerküßt, denn wir
freuten uns alle über die Gnade so an ihm geschehen. Die Nacht hindurch
Hatten wir von außen ziemlich still Wetter, aber die innere seelige Ruhe
u. Freude u. der sanfte Schlaff gieng doch über alles.


Den 5.ten April als am großen Sabbath war wenig Wind u. es schien als
solten wir heute auch den großen Sabbath säbst in der Stille zu bringen,
und das geschahe den Nachmittag auch würklich mit einem Liebes Mahl
von Pfeffer Kuchen und Thee. Gegen Abend war starker West-Wind.


Den 6ten früh als am Ostertage bey der Sonnen-Aufgang stimmten unsere
Musici dem auferstandenen Heiland auf der Decke manche Verselein
an; dabey wir uns sonderlich unserer entschlossenen Geschwister auf der
See erinnerten. Der Wind war N.W. drehete sich aber wieder gegen
Westen u. wir giengen meist Sud:


Den 7.ten als am Ostermontag war es ziemlich schön Wetter aber noch immer
contrairer Wind von W. u. wir waren schon unterm 38. Grad Lat:
wir avancirten sehr wenig. Weil es schön Wetter war; so wurde es so
wohl bey den Brüdern als bey den Schwester wieder ein wenig rein gemacht
u: aus geputzt u. die naßgewordene Sachen ein wenig getrocknet.


Den 8.ten da die ungemein schöne Loosung war: Ehre dem Seitenmaal
war es Vormittag sehr still u. schön Wetter, gegen Mittag aber bließ der
Wind von S: sehr stark, der uns dießmahl sehr gut war, u. gegen Abend
wendete er sich gar nach S:O: u. blieb so die Nacht stehen, daß wir also
wieder ein ziemlich Fleck fort kamen.


Den 9.ten war es wieder was stürmisch u. gegen Mittag bekamen wir unsern alten S:W: Wind wieder, der uns in unserm Course eben nicht
der beste ist, doch avancirten wir von gestern Mittag ziemlich u. waren
Heute beynahe schon wieder unterm 39. Grad Lat: Unsere Schwestern hatten
eine artige Litargie unter sich, in welcher sie sungen: von dem anhaltenden West Wind erlöß uns L. Herre Gott; mit einem guten Ost-
Wind erfreu uns Lieber Herre Gott.


Vom 10ten – 16.ten War der Wind mit W. d. S.W. u. dann hatten wir auch
3 Tage calm; den 15ten daß wir also in diesen Tagen nicht vom Fleck kamen.


Den 15ten abends in der Singstunde sang N. das Versgen: Es geh uns allen wohl
in Jesu Seitenhohl in Europa drüben p u. erinnerte dabey, daß da wir anjetzo
so lange contrairen Wind hätten, veilleicht der Heil: um unsert Willen Ursache
da zu haben möchte, um noch an uns abzuschweifen das ihm nicht gefallen, wir
hätten also darauf zu sehen, daß kein Zäserlein an uns seye, das Ihn nicht erfreuen solte, u. daß wir so die Americanische Küste u. Land betretten möchten.


Den 16.ten War der West Wind sehr stark u. in der Nacht wurde gar ein Sturm
daraus, der


d. 17.ten von S.W. wieder den gantzen Tag anhielte u. uns nicht wenig zurück
trieb, die gestrige u. heutige Loos: paßte ungemein auf uns, u. kam mit dem
Gefühl meist aller unserer Schiffs Geschwister überein, die es sich sonderlich applicirten.


Den 18.ten gegen Morgen legte sich der Sturm u. war calm wenig Wind er bließ
wohl etwas von Ost aber nicht stark u. gieng gleich wieder nach S.W. In der Nacht
aber sonderℓ


Den 19ten früh erhub sich wieder ein Sturm von S.W. der weit stärker u.
heftiger war als der am 17.ten u. währete wieder den gantzen Tag, gegen Abend
war der Wind W. u. N.W. u. da legte er sich wieder etwas; Wir konten
aber vor den tobenden u. uns entgegen kommenden Wellen noch nicht seegeln
obschon der Wind uns etwas favorable war. Das ist nun der 4.te heftige Sturm
den wir auf diesem Oceane gehabt; ohne die andern kleinen u. das fast beständig stürmische u. veränderliche Wetter, so wir nun in die 6. Woche anzuführen; denn seit dem guten Wind, so uns durch den Canal u. die See geholfen,
ist es beständig so Wetter gewesen: Die Judith die grönℓ. fragte heut Abend- [?] Singstund; man antwortete: nein! da sagte sie nach ihrem g abgebrochen
Deutschen: Lämmlein Hübsch macht, ihm Singstunde halten.


Den 20.ten war es wieder meist den gantzen Tag calm u: schön Wetter gegen Abend
kriegten wir S.O. der uns die Nacht hinderlich ziemlich forthalf u.


Den 21.ten früh noch so stund u. mehr ostl: ward. Noch Vormittag aber gieng
er schon wieder gegen Süden u. zwar so stark, daß wir daher wieder einen
Sturm vermutheten. Nachmittag aber wurde er schwach, daß unsere Leute wieder bey Nahe alle Seegel heraus thaten: Gegen 4 Uhr zog sich eine [?] wies
die Holländer meinen oder ein Strich-Regen wie man dergleichen im
April hatte) gegen N: W auf. Unser Dav: N: war auf der Decke u. sahe sie kommen, sagte auch zu den Schiffs Leuten, soeben die Wache hatten, da würde ein
starker Wind her kommen, diese, weil der Wind aus Süden bließ, vermutheten sichs nicht u. waren so ziemlich gleichgültig dabey, Auf einmal aber sprung
der Wind nach N:W und unser Schiff stund gegen den Wind, die Seegel
schlugen sich zusammen; Garrison sprang über dem aus der Cajute herzu u. hatte
nur einen Stiefel an, wendete erstℓ. das Schiff vor den Wind u. ließ gleich
alle Seegel los u. aufbinden, da müßte alles helfen was helfen konte.
Wenn uns der Heiland hier nicht bewahret hätte; so wären in ein paar Minuten die Mäste über Boord gewesen, wo nicht gar noch was Ärges uns wiederfahren wär. Es soll einem Orcan nicht unähnlich gewesen seyn, der
Sturm währete hernach biß in die Nacht u. der Wind wurde Nord – und
wir fieng nach 7. Uhr wieder an zu seegeln.
Das wechselte nun schon so etliche Tage miteinander ab, einen Tag gut
u. still Wetter, den andern Sturm, daß wir also der Stürme ziemlich gewohnt werden u. vor was alltägℓ.es halten. Wir sahen heute u gestern
ein 3. mästiges Schiff mit uns seegeln aber mehr südlich, das sahen
wir biß den 26.ten da verlohr sichs


Vom 22 – 26. hatten wir schönes, helles u. klares Wetter als wirs auf der
gantzen Reise nicht gehabt seit dem wir aus dem Canal seyn. Es war
wenig Wind, die Sonne sahen wir in diesen Tagen auch so schön hell untergehen, daß wir uns alle davon delectirten, welches was rares bey uns
war. Das schöne Wetter veranlaßte die Geschwister ihre Bette u. übrige Sach
in Coffrer auf die Decke in die Sonne zu legen, weil um sie zu trocknen, weil
viele ihre Küsten u. Coffrer ganz naß u. die Sachen darinn theils modrig,
theils verfault waren. Wie denn auch vieler ihre Matrazen unten in der
Hole, wo das meiste Wasser hierein geschlagen ganz ruinirt sind. Wie es
nun am Tag so schön u. hell Wetter war; so war es bey in der Nacht beym Monden-Schein noch lieblicher, denn es war nicht so heiß als am Tage, daher sich die
Geschwister meistens auf der Decke sich aufhielten, denn unter der Decke wo man
schläft war eine solche Hitze u. Dunst, der einem bey nahe den Athem versetzte: Es war auch kein Wunder nicht, denn wir waren zwischen dem 36. u. 37. Grad
Lat:


Den 22ten war unsers Br. Wahnerts Geburts-Tag. Unsere Musici u einige andere spielten u. sungen ihm etliche Versgen.


Den 26.ten früh kriegten wir einen gelinden O. Wind der sich aber bald nach S.O
wendete u. etwas stärker wurde, gegen Abend wurde er noch stärker, doch
so, daß wir alle Bey-Seegel die sie Tage vorher beygesezten stehen laßen konten die gantze Nacht durch, unsere Irene flog wieder frisch davon, daß es eine Lust
beym Mondenschein anzusehen war.


D. 27ten früh war der Wind meist S. aber uns dießmahl nicht gut, weil wir so
weit Südl getrieben waren. Um 8. Uhr mußte man die Beyseegel abnehmen
u. so eins nach dem andern einziehen, daß wir endℓ. nur noch 3. Seegel stehen
hatten. Es sahe wieder ziemlich stürmisch aus, u. die See wurde wieder recht hoch
u. so continuirte es auch die Nacht durch.


Heute früh nach 6. Uhr begegneten wir 2. Frantzℓ. Schiffen von 3. Masten. Sie
steckten ihre Flagge aus u. wir unsere auch. Mit dem einen, das etwas nahe
kam konte Garrison wenigstens durch ein Sprachrohr reden u. es fragen wo
es her käme, u. es antwortete von St. Domingo weiter nicht Mehreres ließ der
Wind nicht zu.


Den 28.ten u. 29.ten War wieder contrairer Wind aber schöne helle Tage


u. d. 29.ten wurde
es stille, u. wir dachten er solte nun auff N.O. kommen, aber er kam wieder aus S.
W. u. continuirte so biß nach Mittag um 4 Uhr. Da kriegten wir auf einmahl N. Wind u. die Nacht wurde er N.O. u. so hatten wir wieder einen
Sturm, der eines mit von heftigsten war. Garrison wagte es mit der Irene
in den Sturm fort zu seegeln, welches er noch nie mit ihr probirt vor dem
Wind, Sie riß durch die Wellen wie ein Pfeil aber die Bewegung war
auch eine der Sensiblesten.


Heute Vormittag warfen sie das Senckbley aus um Grund zu suchen, weil
aber die 2. Seile nicht recht vest ineinand. gebunden waren denn sie machten wohl 100
Klafter aus, so gieng sie los mithin das Senckbley verlohren. Auf den Nachmittag wurde ein Neues gegoßen. Wir sahen auch heute viele flingenden Fische um unser Schiff. Es wurde einer gefangen, daß man ihn recht betrachten konte.


Den 30.ten April: War uns die Loosung sehr eindrückℓ. Die Led: Brr:
erinnerten sich besonders ihres Lieben Herzels Rubuscho an seinem heutigen
Geburtstag u. stimmten mit Music ihme manche recht gefühlige Versel an.
Der gestrige Sturm continuirte noch weiter aber hinter uns her kam so
seegelten wir noch immer fort. Wir sahen uns auch nach Land um weil,
nach der Rechnung es nicht fern mehr seyn konte, wir waren nur zu weit
Südlich.

Majus


Den. 1.ten May war es noch so stürmisch, das hat nun wieder 3. Tage nach
einander angehalten.
Weil unsers Ober-Steurmanns Br Schoutes Geburtstag einfiel so
wurden ihm ein paar Versgen gemacht und abgesungen. Gegen Abend
höhrte das stürmische Wetter ein wenig auf. Um Mitternacht wurde der
Wind N.W. u. uns also gantz contrair u. da legten sie bey.


Biß d. 2ten gegen 6. Uhr, da sie wieder ein paar Stunden seegelten; aber weil
wieder daher ein Sturm kam mußten sie wieder beylegen. Bey allen
diesen stürmischen Umständen vergaßen doch die Led: Brr: ihres Festes nicht,
u. machten einige Niedlichkeiten von Bändern u. des Nachmittags celebrirten sie es mit einem Liebesmahl recht seelig u. gefühlig. Wobey recht viele
Verße aus den vorjährigen Led: Brr. Lied gesungen wurden. Gegen Abend
legte sich der Sturm u. die Nacht war ziemlich moderat.


Den 3.ten war wieder ein schöner heller Tag, aber noch nur contrairer Wind.
Br Garrison wolte ein wenig verlegen werden wegen der langwierigen
Reise. Gegen Abend wendete sich der Wind mehr nach N.


Den 4.ten war wieder ein schöner heller Tag aber wenig Wind er war meist N.
Vormittag sahe sich Br Garrison auf der Decke ein wenig um, u. wurde
von Fernen in der See etwa ¾ Stund vom Schiff etwas gewahr das sehr aus
dem Wasser hervor ragte u: sich bewegte. Bald dachte man es wäre ein Fisch, bald
sahe es aus wie ein Boot od. wie ein verunglücktes Schiff, weil es immer
auf einer Stelle blieb. Weil man nun nicht recht gewiß war, ob es nicht etwa
ein im letzten Sturm verunglücktes Schiff seyn könte, worauf vielleicht
noch Menschen wären, wie es sich öffters so zu trägt; So resolvirte sich Br: Garrison, weil es Calm u. die See Spiegel glatt war, ein Boot auszusetzen und
mit etlichen Matrosen dahin zu rudern. Wie sie an den Ort kamen, so war
es ein ungeheuer großer Wallfisch, Garrison sagte: er wäre wohl so lang u.
groß gewesen als unsere Irene. Der muß also irgendwo einen Harpunen
gekriegt u. damit davon gekommen seyn biß dahin, wo er wie ein Aas lag,
darauf viele Vögel saßen, u. drum herum eine große Menge anderer
Fische schwummen, die sich an ihm delectirten. Garrison nahm etliche Harpu-
nen mit sich, u. warf sie auf 2. Fische, den einen kriegte er u. brachte ihn mit
sich aufs
Schiff, der andere hatte zwar auch einen Treff gekriegt u. Garrison hatte ihn
eine Weile, hinter dem Boot nach sich gezogen [ent#] gieng er mit dem Harpunen durch dieser so er mit sich brachte war ein Hy-Fisch, wie ihn die Holländer nennen von einer ziemlichen Größe. Garrison nannt ihn auch ein See-Tiger.
Er ist aber nicht gut zu eßen. Sie haben ihm die Haut abgezogen, welche die Schreiner u. Drechsler gut zum poliren gebrauchen können, u. übrigens ihn gantz
zerschnitten. Er hatte 4. große Floß-Federn unterm Leibe u. eine auf dem
Rücken. Sein Mund war ziemlich groß u. weit, daß er einen guten Bißen ver-
schlucken konte; und seine Zähne waren just wie eine Säge unten u. oben; und
die Zacken paßten gantz schön eineinander u. waren so scharf, daß wenn man sie
nur ein wenig anrührete, so giengs Blut darnach. Solte Br Garrison mit
seinem Schiffs Volck allein gewesen seyn; so hätte er an dem Wallfisch diesmahl
einen rechten Fund gethan, u. etliche tausend da erschwingen könen an
dem Fett u. Fischbein, so war aber der Transport zu starck und nicht so leicht
zu den Fäßern zu kommen u. also vor das Mahl nichts zu thun.
Heut Nachmittag celebrirten auch die Led: Schw: ihr Fest wie die Brüder am
Freytag mit einem Liebesmahl u. Liturgie. Unsere Musici machten
ihnen auf der Decke eine Music dazu. Wir waren heute bey nahe unterm 38. Grad: Lat: Wir avancirten aber sehr wenig.


Den 5.ten hatten wir wieder einen schönen hellen Tag u. doch etwas mehr und
beßern Wind (denn er wandte sich nach N.O.) als gestern u. waren wieder unterm
38. Grad. Lat: also mehr nordlich. Garrison dachte heute früh, da der Wind mehr
mehr nordℓ war, wenn er so stehen blieb, daß er die Höhe von Newyorck nicht
erreichen könte, so wolte er wenigstens suchen in der Delaware Bay einzu laufen; Weil aber der Wind etwas mehr nach Osten zu gieng, so konten
sie ihren Cours nach N.W. u. also nach Newyorck zu richten. Er war
zwar sehr schwach doch blieb er die Nacht so stehen und


Den 6.ten Vormittag war er nur wenig stärker doch nicht viel und auf den
Nachmittag wurde es gantz calm u: die See Spiegel glatt. Wir blickten
gegen Abend etwas vor der Sonnen-Untergang gegen S:W: wieder so
etwas Treibendes in der See in der nemℓ: Distance wie den 4.ten das einem
Boot ähnlich sahe. Br. Garrison schikte deswegen wied etliche Matrosen dahin; diese kamen bey nahe an den Ort wo die Sache war, u. hatten nur
noch ein kleines Fleckgen; als eben ein ziemlicher starker Wind aus N.
kam, der sie nöthigte eilends wieder umzukehren. Sie sagten aber es
war wieder ein toder Wallfisch gewesen. Auf dem Hinweg trafen sie
einen Sonnenfisch an auf den sie einen Harpunen warfen u. ihn mit
sich kriegten aufs Schiff, der war gantz platt u. breit u. hatte so dicke
u. harte Schuppen, daß man einen scharfen Harpunen haben muß ihn durch
zu stechen. Der Wind hielt die Nacht so an. Und continuirte so


Den 7ten den gantzen Tag u. weil er vom Land kam dem wir schon so nahe
waren, so war er so kalt daß einem Haut schauerte. Sie stiegen heut Vormittag auf die Mäste um Land zu sehen, weil sie nach ihrer Rechnung nicht
weit mehr davon seyn könten; sie meinten auch würklich sie sähen
Land, das gab eine vergebℓ.e Freude bey den Geschwistern, denn in
einer 4.tel Stund war es wieder nicht wahr.
Um Mittag begegnete uns eine Chaloupe von der Insul Nantucket
die in der Gegend Boston liegt. Bey dem Schiffer erkundigte sich Br.
Garrison wo wir wären u. erfuhr daß wir wohl Long: Eyland gegen über;
aber doch noch so so 70 deutsche Meilen biß Newyorck zu seegeln hätten.


Den 8.ten stund der Wind noch so u. wurde gegen Abend mehr W. aber sehr
schwach u. die gantze Nacht durch hatten wir meist calm.


Den 9.ten früh war es noch calm gegen 10 Uhr aber fieng er aus Süden
an zu wehen der uns diesmahl recht günstig war. Sie füllten heute wieder etliche leer gewordenen Fäßer mit See-Wasser damit das Schiff nicht
zu leicht würde. Das Senckbley wurfen sie heute u. gestern aus fanden
aber noch keinen Grund.


Den 10.ten war ein gelinder S.O Wind der uns wieder ziemlich forthalf
doch nicht zu stark, denn es war u. das war gut nebelicht, daß man kein Land erblicken
konte. Um 10 Uhr warfen sie das Senckbley aus u. sie fanden 35 Faden Wasser, das war eine genugsame Anzeige daß wir nicht ferne
vom Land seyn müßen. Um Mittag Hatten sie 25 u. um 4 Uhr 22 ½
u. um den Abend 21 Faden. Gegen Abend klärte es sich gegen Westen
zu auf. Man konte aber heute noch kein Land sehen.


Den 11.ten war es ein Heller Tag. Wir hatten 15. 14. 13. Faden Wasser des
Morgens. Die Matrosen stiegen auf die Mäste sich nach Land umzusehen und
nach 6. Uhr früh erblickten sie endlich Sandy-Hoock. Und so waren wir
noch so glücklich diesen Abend in Haafen einzulaufen u. das erste Mahl
wieder vor Ancker zu liegen. Wie wir eben einlaufen wolten kam noch
ein zwar kurtz anhaltender aber ziemlich heftiger Travat. Es blitzte und
donnerte u. in dem Travat kam ein Loots an Boord, der sich um unsertwillen heraus gewagt. Br. Garrison nahm ihn nur um deß willen an,
denn sonsten hatte er keinen nöthig.


Die Loosung Hieß: Dieser wird unser Friede seyn. Ave für deinen Bann.


Den 12.ten als am Märischen Kirchweyh-Fest langten wir Nachmittags
um 3. Uhr vor der Stadt Newyorck an, mit der Loos: Sagt den Fürsten
Juda: Ich will Himmel u. Erde bewegen. Ach mein Herzliches Jesulein! mach
mir ein rein sanft Bettelein zu ruh´n in deines Herzens-Schrein.
Wir waren kaum vor Ancker so kriegten wir gleich Visiten von hiesigen Geschwistern
die uns bewillkommten. Es stunde heute schon in der Zeitung: daß Capitain Garrison mit Mährℓ. Leuten wär angekommen. Heut abends
in der Singstunde Redete unser Herz Joh: N: gantz besonders eindringℓ:
von diesem Fest: das ich aber nicht recht aufzufassen im Stande war. Des
Nachts hatte noch in der Cajute eine kleine Gesellschafft von Arbeitern,
so die meiste Besorgnis u. Mühe auf dem Schiff gehabt, ein niedliches kleines Abendmahl zum Andencken dieses Festes.


Darauf den 13.ten giengen sogleich unser L. David u. seine Rosine vom Schiff
ab u. reisten nach Bethlehem um unsere glückliche Überkunfft zu
melden.


Den 15.ten Fertigte Nitsch: die Schwestern in 2. Colonnen ab nach Bethlehem unter Begleitung der verehlichten Geschwister Wahnerts, Kransens, Haberlands, Joseph Müllers p


Den 18.ten wurden die sämtl Brüder von Joh: N. abgefertigt ebenfalls
in 2. Colonnen. Nitschmanns und Garrison wolten den Nachmittag
auch nach nach, Es war ihnen aber der Wind so stark entgegen daß sie
mit dem Boot wieder nach Newyorck umkehren mußten u. diese Nacht
bey Bruder Greening bleiben.


Endℓ. Den 19t früh folgten sie den anderen nach u. kamen mit den Brüdern
auf einen Tag in Bethlehem an, mit einer artigen Loosung vor die Brüder:
nemℓ: den 21.ten May: Ich habe uns [?] [?] [?] [?]
und Nazareer aus euren Jünglingen, Ists nicht also. Ach heilige
Bunds-Glieds-Spalte, auf Seiten-Höhlgen walte.


Das wäre also das vornehmste so ich auf dieser See-Reise angemerkt; und hiermit empfehle ich mich auf auf das demüthigste u. kindlichste euren Herzen u. dem zärtlichen Bedenken vor dem Lämmlein
vor meine Person ins besondere. Und bin mit einem demüthigen Handkuß euer armes u. genuges Mitglied


Bethlehem d: 11.ten Juni N. St. Phillipus
1749


Phil. Derbaums
Reise-Diarium
der See-Gemeine unter Br.
Joh. Nitschmanns Anführung
Von London nach Newyork [?] Februar – May Jun.1749